von Juan
Auszeit im Gebirge
STILLE… die plötzlich jäh durch einen gellenden Schrei zerrissen wird. Der Schrei verhallt zwischen Wald und Felsen und die Stille übernimmt wieder.
Das war meine wundervolle, aber leider oft unglückliche Schwester, die an diesem grauen Sonntag spontan mit mir an die „Teufelsmauer“ gecruist ist. Der Leidensdruck bei uns beiden gerade mal wieder immens, dem entsprechend die Fahrt an diesen exquisiten Ort eher in gedrückter, gespannter Atmosphäre.
Aber dort angelangt, bemächtigte sich die Ehrfurcht unser. Viele Besucher hatten sich in den Felsen verewigt, der ganze Ort strahlte etwas majestätisches, mächtiges, urzeitliches aus. Da realisiert mensch dann mal wieder, wie klein wir, die wir uns so groß und bedeutend fühlen, sind. Sind wir nicht, diesen Felsen bedeutet die Geschichte der Menschheit höchstens einen Augenblick, für unsere Dimensionen scheint alles dort etwas zeitloses darzustellen. Hatte ich immer gedacht, Berge wären gar nichts für mich, ich liebe das Meer. Aber heute habe ich die Macht und die Würde dieser Teufelsmauer kennenlernen dürfen.
Natürlich haben wir dann nicht den Wanderweg betreten um nach oben zu gelangen, sondern wie meine geliebte Schwester so ist, den direkten Weg über Stock und Stein gewählt, etwas steil, so dass ich dann doch außer Atem war und mein Herz schneller schlug. Die Belohnung stellte dann aber der gewaltige Ausblick dar , steile Abgründe, Landschaft ohne Ende, weit schweifte das Auge in die Ferne. Eine Höhle hatte es uns angetan, dort haben wir gemeinsam mit der Hündin geheult, was gut für die Moral des Rudels ist.
Noch einmal inne halten auf einer Bank, Zeit für einige Selfies, das geht, früher wurde ich nicht gerne abgelichtet, aber das hat auch ein Stück weit mit steigender Selbstakzeptanz zu tun, ich bin nun mal ich, was will man machen. Den steilen Weg abwärts habe ich mir nicht gegeben, aber SIE wollte ihn noch einmal in umgekehrter Richtung bewältigen. Dort erschallte jener zu Beginn geschilderte Schrei, der irgendwie total zu der ganzen Geschichte, zu diesem Erlebnis passte.
On the way back HOME…
Nicht den schnöden Weg über die Autobahn, ich wurde dann noch liebevoll eine langgezogene Serpentine entlang chauffiert, in leichtem Nieselregen, wunderschöne Fachwerkhäuser, die für mich irgendwie für „gute alte Zeiten“ stehen, weiß nicht, eigentlich mag ich es nicht, an Vergangenem festzuhalten, diese Gebäude tun einfach Augen und Seele wohl, das muss man ja nicht immer überinterpretieren. Einfach genießen.
Langsam zog die Dämmerung über uns hinweg, ich durfte den Auto DJ spielen, und nach der trüben Hinfahrt hatte ich dann die glorreiche Idee mal wieder die guten alten Ärzte zu „aktivieren“, „Junge“, „Unrockbar“, „Wie es geht“, „Ist das noch Punkrock?“, Klassiker, Hymnen.
Ich danke dem Universum, dass es mir dieses Leben und genau diese Menschen schenkt, es soll alles so sein, der König betraut seine besten Leute mit den schwersten Aufgaben…
© Juan 2022-04-25