God Jul

Christine Büttner

von Christine Büttner

Story

Heute ist der 23. Dezember 2021 und Helmuth und ich holen den Christbaumschmuck aus der großen Weihnachtsschachtel. Dieser Tag heißt in Skandinavien übrigens „Lille Julaften“, was so viel wie der kleine Weihnachtsabend bedeutet. Die Tanne steht bereits auf dem Damenschreibtisch, jetzt müssen wir sie noch schmücken. Diesmal hänge ich auch eine kleine farbenfrohe norwegische Nationalflagge auf den Baum, die ich ausgedruckt habe. Am Abend trinken wir den wunderbaren Gløgg, allerdings mache ich nicht zu viel, denn unser „Schlingel“ darf morgen nicht den ganzen Tag mit einem Kater in seiner roten Socke verbringen.

Der Heilige Abend („Julaften“) ist so wie bei uns in Österreich auch der wichtigste Tag der gesamten Weihnachtszeit. Ich weiß, dass man zu Mittag gemeinsam einen süßen Milchreis isst. In diesem versteckt man eine Mandel. Derjenige, der die Mandel findet, erhält ein kleines Geschenk in Form eines Marzipanschweines und hat viel Glück bis zum nächsten Weihnachtsfest. Ein rosa Marzipanschweinchen liegt schon bereit und jetzt warten wir, bis sich Malte aus seinem Söckchen schält.

Einen Christstollen mit Rosinen, Nüssen, Kardamon, der als „Julekaker” bezeichnet wird, habe ich auch gebacken und auf meinem äußeren Fensterbrett liegen Körner für Federchen und Anna. Außerdem habe ich meine zwei Besen und meinen Wischmopp ganz hinten im „Kammerl” versteckt, denn dann können die bösen Geister nicht durch die Heilige Nacht fliegen!

Pünktlich um 12 Uhr sehen wir Malte, wie er auf dem Küchentisch Platz nimmt. Ich habe den Sahnemilchreis gerade fertiggestellt und fülle ihn in Schüsseln. Malte genießt den Brei und wirklich, er hat tatsächlich die Mandel gefunden. Er freut sich riesig über das Geschenk. Dann springt er zum Herd, gibt den Rest vom Brei in eine Schüssel und stellt ihn vor die Wohnungstür. Diese Mahlzeit ist für den Julenissen bestimmt, das ist ein Weihnachtsgenom, der mit seinen Begleitern die Geschenke für die Kinder und auch für die Erwachsenen bringt. Gibt es für ihn kein Essen, dann hagelt es Streiche.

Nach einem Schläfchen sehen wir, dass es schneit. Wir zünden die Kerzen an und singen „Stille Nacht”. Verschlafen setzt sich Malte neben die Krippe und hört zu. Auf dem Christbaum habe ich selbst gestrickte Söckchen, einen Pulli und einen Schal befestigt. Vier glänzende Münzen befinden sich im Schal. Unser Frechdachs zieht alle Sachen an und wippt vor Freude auf einem Tannenzweig hin und her.

Dann sagt er: „Das ist mein Geschenk!”, und zeigt auf ein rotes gehäkeltes Herz. Ich bedanke mich schmunzelnd, denn ich weiß, dieses Herz hat er aus Erikas Kasten geklaut. Er betrachtet noch einmal den Weihnachtsbaum, dann setzt er sich auf Federchens Rücken, juchzt „God Jul“ und fliegt Richtung Trahütten davon. Anna Amsel ist mit einer Tasche bepackt, darin sind sicherlich zwei geklaute Söckchen.

Die drei werden mit Erika und Hans auf der Alm ein zweites Mal Weihnachten feiern und wir vermissen sie schon jetzt!

© Christine Büttner 2021-10-03

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