Goldene Hochzeit am Jakobsweg

Hermi Berger

von Hermi Berger

Story

12uhr30: Ich sitze schon seit dem Mittagsläuten hier herinnen in der wunderschönen Iglesia de Santa Maria, und habe bereits EINUNDZWANZIG Kilometer im Regen heruntergespult.

Es ist mein erster Regentag, und ich finde es echt spannend auch diese Erfahrung machen zu dürfen.

Spinn` ich? Ich bin doch heute erst um 7uhr15 von der Herberge in Los Arcos weggegangen. Also knappe fünf Stunden für 21Kilometer mit viel Gatsch an den Schuhen???

Na, da bleibe ich doch noch! Habe ja eh nur mehr neun Kilometer vor mir. Ich beginne meinen Rosenkranz zu beten. Aber nur so lange bis die lauen Spanier kommen. Eine Gruppe von mindestens zwanzig Leuten und alle offensichtlich wunderbar gut gelaunt.

Ursprünglich wollte ich die Kirche – ob der Ruhestörung – verlassen. Doch die Truppe entpuppt sich als Hochzeitsgesellschaft. Dem Alter des Brautpaares nach zu schließen, eine goldene. Na, da bleibe ich aber noch! Ich finde ein ruhiges Platzerl neben dem Seitenaltar, mit Blick auf den Hauptaltar UND die Spanier. Und einen Betschemel habe ich natürlich auch in meiner “privaten” Kirche vorgefunden.

Die Heilige Messe beginnt. Ich verstehe zwar kein Wort von dem was gesungen und gesprochen wird, aber ich fühle: es sind wunderbare Texte. Die beiden Priester strahlen eine Herzlichkeit und Wärme aus. Das Volk singt (ohne Orgel) wie der tollste Kirchenchor bei uns zu Hause, aber mit drei wesentlichen Unterschieden ; nämlich mit einer Innigkeit die aus dem Herzen kommt; mit einer Fröhlichkeit, die ihresgleichen sucht und mit einem sagenhaften Rhythmus der zum Tanzen anregt.

Ich tanze aber nicht, sondern sinke wieder einmal vor Ehrfurcht in die Knie. Wozu habe ich schließlich den Betschemel vor mir stehen?

Ich danke meinem Herrgott für meine vergangenen Ehejahre mit meinem wunderbaren Partner, und bete um eine ebensolche Zukunft mit ihm.

Dass in der Zwischenzeit die Sonne hervorgekommen ist, brauche ich wohl nicht mehr zu erwähnen.

© Hermi Berger 2021-04-19

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