Gott und die Götter

K. Bauer & H. Humer

von K. Bauer & H. Humer

Story

Harry nimmt den Faden wieder auf und sagt: „Es geht um die Gott-Rolle. Ob das ein Gott, ein Arzt oder Harry, der Stresscoach ist, das ist egal. In Wirklichkeit gibt es viele Menschen, die eine Gott-Rolle annehmen. Es geht darum, mächtig zu erscheinen und Macht auszuĂĽben. Es tummeln sich im Moment genĂĽgend Götter in dieser Welt herum, die das Blaue vom Himmel versprechen. Gerade in der heutigen Zeit sind die Menschen fĂĽr Versprechungen anfällig.“

Gott nickt zustimmend und sagt: „Ich bin einverstanden mit dem, was du sagst, Harry. Viele Götter machen genau das, was du beschreibst. Aber ich denke: Nicht alle Götter sind gleich. Aber manche sind gleicher.“

Harry meldet sich zu Wort: „Gott zu sein, das ist meiner Meinung nach ein gutes Geschäftsmodell. Mit dem Versprechen auf Heilung und Erlösung wird sehr viel Geld verdient, aber auch Macht ausgeĂĽbt.“ „FĂĽr mich ist die Frage, Harry, ob diejenigen, die Lösung und Heilung versprechen, auch in der Lage sind, ihre Versprechen einzulösen und zu erfĂĽllen. Ich verstehe es jetzt, Harry, und das hast du mir möglich gemacht, dass es sehr viele Menschen gibt, die enttäuscht sind, die vielleicht sogar getäuscht wurden, von den Göttern, egal, ob sie in menschlicher Gestalt oder anders auf dieser Welt in Erscheinung treten. Sie fĂĽhlen sich von diesen betrogen. WeiĂźt du was, Harry, du hast mir in diesem Gespräch geholfen, mich besser zu verstehen. Danke.“ Harrys Kommentar war: „Jetzt bin ich aber ziemlich betroffen. Du, Gott, sagst mir, dass ich dir geholfen habe, dass du dich besser verstehst. Das muss ich erst verdauen.“ Harry bestellt noch zwei Bier. Während das Bier in Arbeit ist, lässt er den bisherigen Abend gedanklich nochmals kurz Revue passieren: „Da gehe ich allein in ein Lokal und beginne eine Unterhaltung mit einem Fremden. Dieser Fremde erklärt mir, dass er Gott sei. Am Anfang finde ich es noch belustigend, denke an eine Art versteckte Kamera und spiele mit. Je länger das Gespräch dauert, desto mehr realisiere ich, dass es wirklich Gott ist. Der Typ plaudert einfach mit mir und findet Parallelen zwischen uns beiden. Er bedankt sich auĂźerdem bei mir, fĂĽr meine Hilfe, dass er sich besser versteht . Das verstehe, wer will.“

Der Barmann stellt die Biergläser auf die Theke. Harry wird aus seinen Gedanken gerissen und sagt: „Pffff! Das ist wirklich stark, was du mir sagst. Es freut mich, dass ich dir bei deiner Erkenntnis helfen konnte. Was hältst du von der Idee, dass wir jetzt gemĂĽtlich austrinken und uns dann in ein paar Tagen wieder treffen? Ich muss den heutigen Abend fĂĽr mich noch verarbeiten. Bei mir ginge es nächste Woche um die gleiche Zeit sehr gut.“. „Gut“, antwortet Gott. „Nächsten Dienstag passt bei mir auch. Ist 20 Uhr fĂĽr dich in Ordnung?“. „So machen wir es!“, sagt Harry und prostet Gott zu. Die beiden trinken gemĂĽtlich ihr Bier und nehmen die Musik im Hintergrund wahr. Nach den Zahlen verabschieden sie sich und gehen ihre Wege.

© K. Bauer & H. Humer 2022-02-01

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