Der Friedhof Berlin Stahnsdorf gehört zu den größten Friedhöfen Europas. Er ist ein Waldfriedhof mit angrenzenden Friedhöfen für englische und italienische Gefallene. Seine Ausmaße sind so gewaltig, dass man sich leicht verlaufen kann. Der Friedhof liegt südwestlich von Berlin auf dem Gebiet der brandenburgischen Gemeinde Stahnsdorf und ist mit einer Gesamtfläche von rund 206 Hektar der zehntgrößte Friedhof der Welt und nach dem Hauptfriedhof Ohlsdorf in Hamburg der zweitgrößte Friedhof Deutschlands.
Aufgrund seines waldartigen Charakters und der Vielzahl historisch wertvoller Grabmale und anderer baulicher Anlagen ist er eines der bedeutendsten Park- und Landschaftsdenkmäler im Großraum Berlin. Er wurde 1909 als weitläufiger Waldfriedhof mit dichtem Kiefernbestand angelegt. Die Kapelle ist den norwegischen Stabkirchen nachempfunden. Von weitaus größerer Bedeutung ist jedoch der Kirchhof als großes Denkmalensemble. Hier befinden sich zahlreiche kunsthistorisch bedeutende Grabmäler der Sepulkralkultur des frühen 20. Jahrhunderts. Zu den bekanntesten zählt die Grabstätte von Julius Wissinger mit einem expressionistischen Grabmal, einer markanten Arkadenkonstruktion auf acht Stahlbetonpfeilern. Daneben gibt es zahlreiche Mausoleen und Erbbegräbnisse, die von anderen Berliner Friedhöfen hierher verlegt wurden, darunter viele innerstädtische Friedhöfe, weil Albert Speer diese Flächen für den Ausbau Berlins zur „Welthauptstadt Germania“ benötigte. Ein weiteres Wahrzeichen des Friedhofs ist das große Christus-Denkmal in der Nähe des Haupteingangs. Der Friedhof stand und steht allen Konfessionen offen. Er entwickelte sich bald zu einem Prominenten-Friedhof und so fanden viele Persönlichkeiten aus Politik, Kultur, Wissenschaft und Technik hier ihre letzte Ruhestätte, darunter Gropius, Murnau, Breitscheid, Langenscheidt und Zille.
1945 wurde meine Großmutter aus dem zerbombten Berlin hier begraben. Ab 1949 befand sich der Friedhof durch die Teilung Deutschlands auf dem Gebiet der DDR. Bis 1953 konnte ich mit meiner Mutter regelmäßig das Grab besuchen, danach brauchte meine Mutter einen Passierschein. Nach 1961, dem Jahr des Mauerbaus, gab es für die Berliner keine Möglichkeit mehr, auf den Friedhof zu gehen. Das Grab verwilderte und verfiel. Auch der Stein versank. Einige Jahre nach dem Fall der Mauer wollte ich nach einem Berlinaufenthalt den Friedhof und das Grab wieder besuchen. Aus der Erinnerung wusste ich noch ungefähr, welchen Weg ich nehmen musste und glaubte mich auch an die Lage des Grabes zu erinnern. Den Namen der Grabstelle hatte ich längst vergessen. Also ging ich die Orte ab, an denen ich das Grab vermutete. Natürlich fand ich nichts. Alles war dicht mit Gras und Moos bewachsen.
Irgendwie war ich mir sicher, in der Nähe der richtigen Stelle zu sein. Immer wieder stocherte ich in dem Boden herum, in der Hoffnung, wenigstens den Stein zu finden. Bis ich schließlich wütend wurde: „Verdammt, Oma, ich bin so weit gefahren, zeig dich endlich!“ Fast im selben Moment durchbrach ein Lichtstrahl die Wolken und spiegelte sich auf einer halb unter Moos verborgenen Glasfläche. Es waren die Reste eines Gurkenglases, das meine Mutter immer für Blumen hinter dem Grabstein versteckt hatte. Und davor fand ich nun tatsächlich den Grabstein.
© Heinz-Dieter Brandt 2025-05-16