Grenzen und Seidenfäden

GONI

von GONI

Story

Grenzen brauchen wir alle, damit wir sie überschreiten können.

Grenzen im Kopf und in der Landschaft.

Der Gehweg und die Straße, Grundstücksgrenzen, Katastralgemeindegrenzen, Gemeindegrenzen, Landes- und Bundesgrenzen. Staatsgrenzen! Aber genug von Grenzen, die mit Grenzsteinen markiert werden, also feste Grenzen. Eine Besonderheit trennt Salzburg von Oberösterreich. Hier verläuft die Seidenfadengrenze im Wolfgangsee. Diese Grenze verändert sich im Laufe der Zeit. Salzburg wird kleiner und Oberösterreich wächst, das sind nur kleine Veränderungen. Woher kommt nun der Ausdruck Seidenfadengrenze. Um den genauen Grenzverlauf ermitteln zu können, wurden mittig an der Mündung des Dittelbaches und dem Ablauf, der Ischler Ache, Pfosten eingeschlagen und mit einem fast 4 km langen Seidenfaden verbunden, um so die exakte Grenze zwischen OÖ und Salzburg sichtbar zu machen. 1462 ist das gut belegt. Streitigkeiten hat es früher zwischen dem Stift St. Peter in Salzburg und dem Stift Mondsee gegeben, das den Passauer Bischöfen gehörte. Es ging um Fischereigebühren, Schifffahrtsrechte und sogar um Wasserleichen, wem die zuzurechnen sind. Es ist die einzige bewegliche Grenze in Österreich, die damals jährlich vermessen wurde. Woher kommt die Bewegung? Das Geschiebe, das der Dittelbach von den Hängen des Schafberges jährlich in den See verfrachtet, verändert die Grenze. Der Landanteil wird grösser. Das oberösterreichische St. Wolfgang war einer der wichtigsten Wallfahrtsorte im Mittelalter. Bis zu 6000 Pilger wurden dort täglich erwartet, die von Strobl oder von St. Gilgen mit Booten nach St. Wolfgang übersetzten. Woher wissen wir das? Bei der Ankunft wurden Erbsen in einen Kasten geworfen. Diese wurden täglich gezählt. Es könnte schon sein, dass die Erbsenzähler in ihrer Arbeit sehr genau vorgingen und daher das Schimpfwort „ Erbsenzähler“ in St. Wolfgang seinen Ursprung hat und die aufgebrachten Pilger für Verbreitung sorgten. Als geborener Strobler nehme ich natürlich auch Anteil an der wechselhaften Geschichte des Wolfgangsees. Der Seidenfaden hat ausgedient, moderne Geräte und Laser ersetzen die Fäden. Die beiden Salzburger Gemeinden St. Gilgen und Strobl und das Oberösterreichische St. Wolfgang teilen sich, nicht sehr brüderlich, den See.

© GONI 2020-09-15

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