von AmelieRiedell
Eine Griechenlandreise ohne Wasserfälle? Ich hatte tatsächlich in zwei Monaten noch keinen Wasserfall gesehen. Daher besuchten wir die Polylimnio Wasserfälle nordwestlich von Velika Beach. Nach einem Härtetest für unsere Fahrzeuge gelangten wir auf einen Parkplatz mitten in den Bergen. Von dort ging ein steiler Fußweg bergab in eine Schlucht. Als sich hinter einer Wegbiegung das Blickfeld öffnete, fühlte ich mich fast wie im Traum: Kristallklares, glitzerndes Wasser ergoss sich in mehrere ruhige türkisfarbene Becken. Eingerahmt und beschmückt wurde das Bild von den gerade erwachenden Pflanzen jeglicher Farbnuance. Große, runde Steine badeten im Sonnenlicht. Dennoch war dieser Ort im Februar zu kalt, um ganz einzutauchen. Ein schmaler, steiniger Weg wand sich rechts am Wasserfall nach oben, und ich wähnte mich in einer ursprünglichen Welt, als ich die Kaskaden über uns wahrnahm. Auf jeder Ebene stürzte sich das junge, eiskalte, hochlebendige, von der Sonne energetisierte Wasser in die Tiefe, um sich zu beruhigen, bevor es über glitschige Steine weiter ins Tal stürzte. An einer dieser teichartigen, tiefen Ruhestellen rasteten wir und unser jüngstes Mitglied badete sogar in dem kristallinen Nass.
Weiter führte der Pfad durch die harte Strömung der nächsten Kaskaden, da sich um diese winterliche Zeit natürlich viel mehr Wasser von den Bergen ansammelt. Glücklicherweise konnten wir uns an metallenen Griffen, die aus den Felswänden ragten, festhalten. Allerdings wurden nun unvermeidbar unsere Beine nass. Dazu spielte ein eisiger Windhauch mit uns, sodass wir uns auf die sonnigen Abschnitte weiter oben freuten. Die wilde und tosende Strömung und die teilweise bewachsenen Steine im Wasser, die uns wie wütende Wichtel anschauten, erforderten erhöhte Achtsamkeit. Hier und da flatterten bunte Schmetterlinge an uns vorüber und etliche Blumen säumten den felsigen Pfad.
Weiter oben befand sich eine schwer erreichbare Trinkwasserentnahmestelle, eine unerreichbare Schaukel über dem Wasser und eine schmale Kaskade, über die sich polternd das Wasser drängte. Es war davon auszugehen, dass dies der letzte, der oberste Wasserfall war. Dennoch drängte mich die Kälte weiter. Ich watete allein durch die knietiefe Strömung und entdeckte einen Trampelpfad, der sich oben durch ebenes Gehölz wand. Der Bach war hier schmaler und ruhiger, fast, als würde sich das Wasserelement noch ausruhen, bevor es sich ins Tal begibt. Hier spiegelte sich das Sonnenlicht und das fruchtbare Ufer barg reiches Leben. Auf der anderen Seite lockte mich eine grüne, sonnige Wiese. Ein letztes Mal musste ich ins eisige Wasser, dann erblickte ich unseren jüngsten, der es sich schon auf der Wiese bequem gemacht hatte. Nach einem Telefonat und einem Spaziergang, der zunächst noch einen steilen Hang hinaufführte, trafen wir wieder den Rest unserer Gruppe und ließen den Tag an einer nahen Kapelle auf dem Berg ausklingen.
© AmelieRiedell 2021-03-02