Grönemeyer – 2003 im Happel-Stadion

Walter Lepuschitz

von Walter Lepuschitz

Story

Das Ernst-Happel-Stadion in Wien fasst 51.000 Zuschauer. Bei Konzerten, mit Stehplätzen dort, wo bei Fußballspielen der Rasen ist, kommen noch 19.000 dazu. Zusammen sind das etwa 70.000 Personen.

An diesem Samstag im Mai 2003 war das Stadion um 18:00 Uhr schon brechend voll. Um 19:00 Uhr sollte die Vorband beginnen, um 21:00 war der Meister persönlich mit seiner damals aktuellen „Mensch-Tour“ angekündigt. Und so fünf, sechs Stunden im Stehen auf engstem Raum zu verbringen, ist nicht ganz einfach. Und würde heute, unter Corona-Bedingungen niemals mehr genehmigt werden.

Mir fiel auf, dass hoch über dem Stadion ein kleines Sportflugzeug kreiste. Wann immer ich nach oben sah, kreiste das Flugzeug.

So gegen 19:00 Uhr kletterte ein Mann auf dem Bühnenaufbau nach oben und hantierte an den Lautsprechern. Fast eine halbe Stunde lang. Mein Blick nach oben zeigte immer noch das kreisende Sportflugzeug.

Gegen 19:30 Uhr begann die Vorband zu spielen, die „Creutzfeld & Jakob“ hieß, die gleichnamige Krankheit damals fast so berüchtigt wie jetzt Corona. Und so wie sie hießen spielten sie auch. Aber nicht lange. Irgendwann hat auch der – durch einen Gipsarm behinderte – Bandleader mitbekommen, dass die Begeisterung im Publikum eine Endenwollende war. Er resignierte mit den Worten: „Ich glaube, ihr wollt Herbert hören.“ und veranlasste seine Bandmitglieder zum geordneten Rückzug.

Das kleine Sportflugzeug war immer noch da.

Der Meister begann pünktlich. Wenn ich richtig gezählt habe, waren 28 Bandmitglieder gleichzeitig auf der Bühne. Entsprechend eindrucksvoll war der instrumentale Background. Und riesig die aufblasbare Puppe beim Titelsong.

Eine halbe Stunde später war das Sportflugzeug verschwunden.

Herbert spielte sein Konzert, professionell und perfekt wie immer, mit Zugaben drei Stunden lang und ließ mich die Mühen des stundenlangen Stehens vergessen.

Vergessen hatte ich inzwischen auch das Sportflugzeug, das auch stundenlang über uns gekreist war. Vielleicht wollten die Insassen nur sehen, wie sich ein gut gefülltes Happel-Stadion bei einbrechender Dunkelheit von oben präsentiert. Ich wollte mir aber lieber nicht vorstellen, wie die Folgen ausgesehen hätten, wenn die Insassen da oben die Gelegenheit genützt hätten, einen Anschlag auf 70.000 Besucher zu verüben.

Inzwischen ist nach meinem Informationsstand das Überfliegen des Ernst-Happel-Stadions durch Privatflugzeuge verboten.

© Walter Lepuschitz 2020-06-16

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