Guckt mal – da hinten sitzt doch der…. Dings!

Beate-Luise

von Beate-Luise

Story

Promis in der Öffentlichkeit treffen, so ganz en passant und zufällig, erhöht bei vielen Menschen den Puls. Meine in der mitteldeutschen Provinz lebende Schwiegermutter geriet bei uns in Hamburg, wo ja öfter mal ein bekannter Mensch einkaufen oder ins Restaurant geht, dann immer in Wallungen. Sehr laut wies sie uns dann jeweils darauf hin, „dass dat doch eben die Witta Pohl“ war, oder „da hinten am Tisch in der Ecke (sie zeigte ausgiebig mit dem Finger hin) sitzt doch der Reinhold Beckmann / die Dagmar Berghoff!“ So auffällig und unüberhörbar, dass es jeder mitbekam, auch die gemeinte Person. Fand ich immer hochpeinlich. Die wollen schließlich auch mal ihre Ruhe haben. Ich selbst erkenne Promis nie, auch wenn ich direkt an ihnen vorbeigehe. Obwohl ich die Leute im öffentlichen Raum immer ziemlich genau beobachte.

Vor etwa zehn Jahren hielt ich mich mit dem Damals-noch-nicht-Ex und unserem Sohn für ein langes Oktoberwochenende zu einer Stadterkundung in Dresden auf. Wir logierten in einem zentral gelegenen, recht schmucken Hotel. Der Mann fuhr einen Tag mit dem Sohn in die Lausitz, um ihm den – damals noch nicht umstrittenen, aber bereits stark dezimierten – Kohleabbau zu zeigen. Ich ging in Museen und entdeckte einen wunderschönen riesigen Wochenmarkt. Abends trafen wir im Hotel ein älteres Ehepaar aus unserer Hamburger Nachbarschaft und verbrachten mit ihnen einen netten Abend beim Wein. Die Begegnung war rein zufällig und das Paar nicht berühmt. Auch wenn an ihrem Briefkasten die Bezeichnung DRES. vor dem Namen prangt. Meine Kinder nannten sie – nur anfangs aus Unwissen, später spöttisch – immer Herr und Frau Dres.

Am Sonntag unserer Abreise bewegten wir uns zum Frühstücksbüffet. Als wir aus dem Fahrstuhl traten, stand ungefähr zwei Meter entfernt eine Frau mit einem älteren, gut aussehenden Mann, der in einem Rollstuhl saß. Ich weiß nicht warum, aber er strahlte mich so freundlich an, dass ich unwillkürlich zurücklächelte und ihm einen guten Morgen wünschte. Während ich mich mit meinen Lieben an einen Tisch setzte, sagte ich, dass dieser Unbekannte eine unglaubliche Ausstrahlung habe, fast schon eine Aura. Und dass ich ihn, trotz oder gerade wegen seines Alters, sehr attraktiv fand. Der Noch-Gatte nickte bestätigend und sah in Richtung des Fahrstuhls, wo sich der Unbekannte mit seiner Begleiterin noch immer aufhielt. „Das ist doch Harry Belafonte“, sagte er.

Ich mochte diesen Sänger mit seiner unverwechselbaren Stimme schon immer, einige seiner Songs gehören bis heute zum kollektiven Liedgut, und das schon seit den 50er Jahren. Belafonte war auch vielseitig politisch unterwegs als Bürgerrechtler, Apartheids- und Kriegsgegner und ist bis heute Botschafter der UNICEF. Dieser rundum schöne Mann feierte am 1. März seinen 96. Geburtstag. Die Dame in Dresden war und ist noch immer seine dritte Ehefrau.

© Beate-Luise 2023-03-25

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