von Isi Dora
Früher dachte ich, meine/unsere Kinder werden “flexibel“ sein. Wir waren viel unterwegs, aktiv, viel mit Freunden, Parties geschmissen. Das geht doch auch mit Kindern, haben wir bei Bekannten gesehen, ganz unkompliziert, mit Trage oder auf uns, auf der Bank oder im Auto, da schlafen die dann eh und man kann noch mit Freunden zusammensitzen auf ein Gläschen…
Erstens kommt es anders… Unser Erstgeborener war ein Frühchen mit Geburtstrauma, ein Schreibaby und Schlafen war von Anfang an nicht so seines. (Meins ist es bis heute nicht). Er hatte sichtlich Angst vorm Einschlafen, über Monate hab ich kaum mehr als eine Stunde am Stück geschlafen.
Nach der schwierigsten Zeit und mit Hilfe einer verständnisvollen und kompetenten Osteopathin schafften wir es trotz Schreiens, ein Schlafensritual einzuführen, dieses haben wir nun bald 10 Jahre.
Ein paar gescheiterte Versuche, den Großen unterwegs “schlafen” zu legen, recht bald gaben wir auf. Er schlief auch später kaum jemals irgendwo einfach nur so ein. So waren wir zur Schlafenszeit regelmässig daheim. Badezimmer, Zähne putzen, Klo gehen, Geschichte vorlesen, kuscheln, – und dann irgendwann schlafen.
Durch die negativen Glaubenssätze meiner Eltern kam ich auf die Idee, unser Abendritual für etwas Positives und Motivierendes zu verwenden. Untertags stellen die beiden Energiebündel nicht selten was an, streiten viel, all zu oft muss ich laut werden, um gehört zu werden, um die beiden Raufbolde zu trennen…, manchmal auch, um Schlimmeres zu verhindern oder aus Überforderung. Vor dem Einschlafen war das Suchen nach Harmonie und der Wunsch, ihnen zu vermitteln, geliebt zu werden für mich im Vordergrund. Im Buch “Und außerdem sind Borsten schön” finde ich einen sehr weisen Schlußsatz. Egal, wie du bist, da werden viele aufgezählt, wie sie sind und wie sie gerne wären – doch am Ende sagt einer “Wie du bist, so bist du richtig!”
Wir kuscheln uns nun also nach einer oder mehreren Gute-Nacht-Geschichte/n zusammen – Nase an Nase, Wange an Wange oder Stirn an Stirn, lauschen und flüstern bedeutungsschwer “Gute Nacht” “Schlaf gut” “Träum was Schönes” “Hab dich ganz viel lieb” und “So wie du bist, so bist du richtig!” („Toll und wundervoll“). Wir schauen uns dabei tief in die Augen, busseln uns ab, lächeln zufrieden und müde vor uns hin, egal wie schwer der Tag auch war, egal wie erschöpft, wie erleichtert, wie verzweifelt. Wir halten uns und es fühlt sich richtig und gut an. Nach dem Licht aus, wird noch weiter gehalten und gekuschelt, wichtiges erzählt, was plötzlich in den Sinn kommt; bis Stille einkehrt, bis die Bewegungen des unruhigen Jüngeren immer ruhiger und der Atem tiefer wird. Die kleinen Körper zucken, sind im Träumeland angekommen, wo die Abenteuer des Tages nochmal so richtig spannend werden.
Manchmal schreckt der Große gleich wieder auf, sobald man sich bewegt. Dann geht das Kuscheln wieder von vorne los. Und manchmal schläft man selber auch gleich mit ein.
© Isi Dora 2021-02-28