Gute-Nacht-Gedanken

Platzende Regentropfen klopfen an die kalte Scheibe des Schlafzimmerfensters. Draußen ist es dunkel, womöglich neblig und kalt, denn es ist November…

… der Monat, in dem ich das Wetter am wenigsten leiden kann und die Sonne am meisten vermisse. Die Decke liegt schwer und warm auf mir. Und auch wenn alles irgendwie gemütlich scheint, kann und will ich gerade nicht einschlafen. Zu viel Unruhe herrscht in meinen Muskeln und zu viele Gedanken kreisen in meinem Kopf. Neben mir kann ich deinen entspannten Atem hören und sehen wie sich dein kleiner Brustkorb rhythmisch hebt und senkt. In diesem Zustand bist du das perfekte Gegenteil von mir – friedlich, ruhig und still. Doch eigentlich bist du der mit Abstand größte, schönste und faszinierendste Wirbelwind, den ich jemals an mir vorüberziehen sehen durfte. Denke ich an früher zurück war ich womöglich genauso stürmisch und wild wie du. Ich hab’s zwischendurch nur irgendwie vergessen. Doch dein Dasein hat mir irgendwann gezeigt, wie wertvoll so eine Eigenschaft ist – das Leben so anzugehen, als wäre jeder Tag ein unausgepacktes Geschenk, das es wie wild zu öffnen gilt, weil man sonst was verpasst und man sich unheimlich darüber freuen muss, weil man keine Ahnung hat, was hinter all dem Geschenkpapier für eine Überraschung auf einen wartet. Manchmal wünschte ich, ich könnte das Leben noch einmal genauso sehen wie du. Doch dafür gibt es mittlerweile viel zu viel Arbeit in meinem Alltag, viel zu viel Leid auf der Welt und viel zu viel Unruhe in meinem Herzen. Das einzige, das mich dieses Leben manchmal  wirklich noch genießen lässt, sind diese unbeschwerten Momente mit dir – diese fünf Minuten auf dem Weg zum Kindergarten, in denen ich deine kleine Hand halte, diese zwei Minuten, in denen ich mit dir an einer Pfütze stehen bleibe und schließlich reinspringe, diese eine Minute, die wir gemeinsam eine Schnecke beim Kriechen, einen Schmetterling beim Fliegen oder einen Stein beim Liegen begutachten, diese vier Minuten nachdem du eingeschlafen bist und ich dich beim Schlafen ansehe oder diese drei Sekunden, in denen du mir einfach nur eine stürmische Umarmung oder ein sonniges Lächeln gibst. Das sind Momente, die mich meinen Alltag vergessen und mein Leben genießen lassen und an denen ich mich festhalte, wenn mir das Wetter draußen zu stürmisch wird. Ironischerweise liebst du es gerade zu Geräuschen von Donner, Gewitter und Regen einzuschlafen. Es beruhigt und entspannt dich irgendwie. Es macht dir keine Angst. Und doch habe ich Angst, wenn du irgendwann das echte Wetter in dieser Welt kennenlernst. Wenn du Angst, um deine Sicherheit hast und ich dich nicht beschützen kann, obwohl das mein größter Wunsch ist. Ich will nicht, dass du die Härte und Kälte dieser Welt erfährst. Ich will nicht, dass du siehst, wie hart und kalt dieses Leben sein kann. Ich will, dass du es immer warm und kuschlig hast – so wie jetzt, wenn du neben mir liegst, deine kleinen Augen geschlossen sind und du in Träume fällst, in denen du fliegen kannst…

Platzende Regentropfen klopfen an die kalte Scheibe des Schlafzimmerfensters. Draußen ist es dunkel, womöglich neblig und kalt, denn es ist November. Doch in meinem Herzen wird es täglich Sommer sein, denn du bist dort für immer.