Achtung! Lebensgefahr!

… und da fliegt Stefanie wie aus dem Nichts von der letzten Busreihe zwei nach vorne. Der Fahrer hat ein sehr tiefes und breites Schlagloch übersehen und wir kommen in den Genuss der harten Federung. Die ersten Reihen hören noch die Warnung, doch für die anderen ist es zu leise und zu spät. Stefanie kommt mit dem Hals auf einer Genickstütze zum Liegen. Wie eine regungslose Puppe mit blond-weißen Locken hängt der Körper zwischen zwei Sitzen. Ich pralle mit meinem Oberkörper gegen einen harten Haltegriffe. Schmerz breitet sich aus, meine Gedanken sind aber bei ihr. So wie der Körper da liegt, wirkt sie tot.

Sekunden später erhebt sich Stefanie, streicht sich die blaue Bluse zurecht und setzt sich wieder auf ihren Platz retour als wäre nie etwas passiert. Erleichterung breitet sich aus, es gibt keine Verletzungen. Ich weine und lache zeitgleich. Ich kann die absurde Situation nicht erfassen. Wir sind glücklich dass nichts passiert ist und zeitgleich wird uns die aktuelle Situation bewusst. Wir befinden uns im Senegal, irgendwo auf einer roten Erdpiste, kilometerweit von einer einfachen Gesundheitsversorgung entfernt. Was wäre wenn es ein medizinischer Notfall gewesen wäre? Schreckensszenarien spielen sich vor dem geistigen Auge ab. Die vorderen Reihen haben wenig von dem Vorfall mitbekommen und sind verwundert warum ich so reagiere, wie ich reagiere.

Jetzt habe ich Zeit für mich. Ich taste mir auf den Brustkorb, gezielt auf das Sternum. Margit, eine mitreisende Ärztin wirft sicherheitshalber einen Blick darauf, vermutlich geprellt. Ich halte unbewusst die Atmung flach und nehme eine leichte Schonhaltung ein, trotzdem bin ich erleichtert. Den größten Schaden hat der Bus abbekommen, aber das lässt sich beheben. Schnell versammeln sich ein paar Einheimische um bei der Reparatur zu helfen.

6 Stunden später fotografiere ich mich selber, die Situation lässt sich noch immer von meinem Gesicht ablesen. Ich bin vom Weinen noch leicht verschwollen, auch beim Eintippen dieser Zeilen kullern mir ein paar Tränen übers Gesicht.