Ich drehe mich noch einmal um und kuschle mich in meine Decke und fühle mich so richtig wohl. Das war nicht immer so und ich mache eine gedankliche Reise.
Eine jugendliche Reise mit einem jugendlichen Körper, der sich so gar nicht wohlfühlt ob der neidischen, verächtlichen, begierigen, höhnischen oder was weiß denn ich sonst noch für Blicke. Ich drehe mich wieder um.
Mein Körper hat sich im Laufe der Jahre gewandelt und er hat plötzlich einen dicken Bauch bekommen. Ein kleines Wesen macht sich darin breit und da noch eines, ein paar Jahre später. Ein bisschen was davon ist noch da und erzählt von dieser Zeit.
Auch alle anderen Stellen meines Körpers haben etwas zu erzählen. Es sind die Geschichten meines Lebens, lustige, spannende, traurige, langweilige, erdrückende, befreiende, laute und leise.
Was hast du schon alles mit mir erlebt und für mich getan!
Wenn ich so daliege und so ganz eins mit mir bin, dann fange ich an, mich von außen zu betrachten. Bin das ich, ist das mein Körper und bin ich mein Körper? Nun gut, er ist jetzt halt da und gehört zu mir oder ich zu ihm. Ich habe ihn mir ja ausgesucht, weil ich als Seele für diese Zeit, die ich hier verbringen will, einen brauche.
Ja, er hat viel zu erzählen. Und darum bin ich ihm so dankbar, dass er mich so gut begleitet, mir ein so gutes Zuhause bietet, obwohl ich nicht immer so sorgsam mit ihm umgegangen bin.
Und ich habe ihn oft in meinem Leben als unpassend empfunden. Dabei passt er doch so gut zu mir.
Manchmal habe ich ihn für nicht richtig erachtet, aber wenn ich mich jetzt so betrachte, sehe ich, wie richtig er ist.
Manchmal habe ich mit ihm geschimpft, weil er nicht gleich so getan hat, wie ich es wollte. Und manchmal war ich ungehalten und hab gejammert, weil er sich da oder dort einmal laut gemeldet hat, mir weh getan hat, damit ich beginne hinzuschauen, genau auf diese Stelle, die da so geschrien hat, um meine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
Dieses Lenken meiner Aufmerksamkeit hat mich dazu gebracht, weniger zu werten, nicht mehr so streng mit mir zu sein, weniger Zweifel zu haben und weniger Ängste. Und ich mache mir immer weniger Sorgen um dieses und jenes.
Er hat mir geholfen, immer mehr in die Mühelosigkeit zu kommen und immer mehr im Jetzt zu sein, wie gerade jetzt, wenn ich so daliege, mit ihm, mit meinem Körper und mich noch einmal umdrehe und aus dem Fenster schaue und sage:
Guten Morgen, bist du schon wach?
© Manuela Johanna Holl 2020-06-06