„…haben meist einen gewissen Charlie gesucht“

Klaus Schedler

von Klaus Schedler

Story

„Meistens haben wir nach einem gewissen Charlie gesucht“, so kommentiert Forrest Gump im Film lakonisch seine Erfahrungen aus dem Vietnam Krieg. Ein toller Film, den ich erst vor kurzem wieder gesehen habe. Um es kurz zu machen: „Charlie“ war bei den US-Marines der Codename für die als Viet Cong bezeichneten Hauptgegner im Vietnamkrieg. Eigentlich geht er auf die Abkürzung „VC“, im Nato-Alphabet „Victor Charlie“ zurück, wobei dann im Jargon nur „Charlie“ übrig blieb

Doch kann ich die ganze Wahrheit nicht vergessen: Tatsächlich waren diese Viet Cong, aus den Viet Minh hervorgegangen. Eine Untergrundbewegung, die für die Befreiung von der japanischen Besatzung und der damaligen „Vichy“-französischen Kolonialmacht kämpfte.

Nach dem Rückzug Japans konzentrierte sich ihr Kampf mit Unterstützung Chinas auf die französischen Kolonialherren wobei die Kampfhandlungen 1954 in der Schlacht um Dien Bien Phu mit einer vernichtenden Niederlage der Franzosen endeten. In den anschließenden Friedensverhandlungen kam es auf der Indochinakonferenz zur Teilung Vietnams entlang des 17. Breitenkreises in einen von China unterstützten kommunistischen Norden und einem von den USA unterstützten Südteil des Landes nach westlichen Vorbild.

Die aufseiten Südvietnams verbliebenen Viet Minh nannten sich nunmehr Viet Cong und fanden vielfach Unterstützung am Land. Sie setzten den Untergrundkrieg und Terrorattacken gegen die schwächelnde Zivilregierung fort, die trotz US-amerikanischer Unterstützung stetig an Einfluss verlor.

Um dem entgegenzuwirken, wuchs die US-Militärhilfe ab Mitte der 50er Jahre kontinuierlich an und erreichte im Jahr 1969 die Zahl von 543.400 GIs, die die mehr als 1 Million südvietnamesischen Soldaten unterstützen. Hinzu kamen ca 70.000 Soldaten anderer Staaten, wie vor allem aus Südkorea. Trotz der großen zahlenmäßigen und technischen Überlegenheit zeigte sich, dass ein dauerhafter Friede im Zuge der Kriegshandlungen in immer weitere Ferne rückte. Auch regte sich in weiten Kreisen der US-Bevölkerung und in der westlichen Welt Kritik und Widerstand am Engagement der USA. Die Verluste werden insgesamt auf bis zu 5,1 Millionen Vietnamesen geschätzt, davon 1,3 Millionen Soldaten. Hinzu kommen 63.000 tote Soldaten anderer Staaten.

Im Jahr 1982 besuchte ich in Washington DC das Vietnam Veterans Memorial, das zur Erinnerung an die 58.000 Gefallenen und Vermissten errichtet worden ist.

Für die Einleitung des Friedensprozesses wurde dem damaligen US-Außenminister Henry Kissinger 1973 noch vor Abschluss des Friedenvertrags gemeinsam mit dem vietnamesischen Diplomaten und Politiker Le Duc Tho der Friedensnobelpreis verliehen. Le Duc Tho lehnte eine Entgegenahme angesichts der noch laufenden Verhandlungen sowie des erlittenen, unermesslichen Leides für sein Land, als „bürgerliche Sentimentalität“ ab. Ich halte seine Reaktion für durchaus angemessen.

© Klaus Schedler 2021-04-17