Haben Pilger Sex?

Reinhard Pape

von Reinhard Pape

Story

Warum eigentlich nicht, wenn Liebe dabei ist? Sex kann doch die schönste Nebensache der Welt sein!

Allein, wer schon „Ich bin dann mal weg“ war, hat den einen oder anderen Schlafsaal in den Pilgerherbergen kennenlernen können, der für Kuschelei wahrlich nicht geeignet ist. Dachten wir!

Unterwegs auf der „Via de la Plata“ durchquerte ich mit meiner Frau die herrliche Landschaft der Estremadura in Spanien. Auf den Weiden liefen die schwarzen Pata Negra Schweine herum, Eicheln fressend. – An einer Stelle mussten wir Schuhe und Hosen ausziehen, um mit den Laufstöcken stakelnd durch einen tiefen Fluss zu kommen. An der anderen Seite saß ein Pilgerpaar, sie hübsch, aber schon „in die Jahre gekommen“, er ein knackiger Jüngling „mit lockigem Haar“. – Beide trockneten sich ihre nassen Füße ab und machten sich bereit, weiter zu gehen. Wir folgten im gehörigen Abstand, es fing an zu regnen. Endlich, die Pilgerherberge lag vor uns! In der ersten Etage ein Schlafsaal für etwa 30 Wanderer mit Etagenbetten. Feuchtnasse, stinkige Raumluft schlug uns entgegen, dichtgedrängt lagen die Rucksäcke um die Betten auf dem Boden herum, Ponchos hingen an den Bettpfosten. Gebückt fummelten Männlein und Weiblein an ihren Rucksäcken, um trockene Sachen herauszuholen. Allein die Aussicht auf ein Pilgermenu in der nahen Gaststätte machte alles andere unwichtig. Wir wollten belohnt werden!

Spätabends kletterten wir in unsere Schlafsäcke, das Pärchen vom Fluß trudelte nach uns ein, sie hatten das Etagenbett gegenüber. Bevor meine Augenlider zufielen bemerkte ich, wie der Jüngling alle herumliegenden Decken zusammenraffte und das untere Etagenbett rundum „abdichtete“. Was war denn das? Auch andere Pilger waren irritiert über diese Schlafraumerfindung, wahrscheinlich ist es aber die Antwort auf die Frage: „Haben Pilger Sex?“ – wobei am nächsten Tag „ein Bett im Kornfeld“ sicherlich viel schöner und intimer gewesen wäre…

Vor Finisterre lief uns „der schwarze Panther“ über den Weg. Eine junge Pilgerin mit Tüllrock. Ihren Namen hatte sie von einer Männergruppe weg, die Tage vorher gemeinsam mit ihr gelaufen waren. – Schreck laß nach, in der nächsten Pilgerherberge war sie mit uns in einem Zimmer, mit ihr ein junger Mann. Angelegentlich fragte sie uns, ob wir nicht in das Nachbarzimmer umziehen wollten, wir waren aber froh, endlich angekommen zu sein – und diese Rudelbildung kannten wir ja. – Tief schlummernd haben wir nichts mitbekommen, aber die Münchner Freunde führten Strichlisten, wie oft der „Panther“ während der Nacht durch ihr Zimmer zum dahinter liegenden Waschraum „gepilgert“ ist, um „rituelle Waschungen“ vorzunehmen, wie sie süffisant bemerkten. – Dabei gab es private Zimmer für 10€ in der Nähe – Panther und Freund brauchten wohl aber den „Kick“ unter Pilgern.

Ein paar Meter neben der Herberge stand ein Wagen, in den sie hineinsprangen. Richtige Pilger können es nicht gewesen sein, damit hat sich die Frage mit dem Sex erübrigt.

© Reinhard Pape 2020-06-04

Hashtags