Halbe Portion und ab in den Urlaub!

Marianna Vogt

von Marianna Vogt

Story
Altstadt ZĂŒrich 2024

Göpf liebte das Essen seiner Frau Hilde ĂŒber alles.
Hilde kochte fĂŒr ihr Leben gerne und stand oft stundenlang in der KĂŒche. Sie bereitete mit viel Liebe und Hingabe die Mahlzeiten fĂŒr sich und ihren geliebten Gatten zu. 
Meist waren es Drei- oder ViergÀnger.

Alles begann, als sie ein junges Paar waren und zu einer immer grĂ¶ĂŸeren Familie heranwuchsen. 
Hilde wollte nicht, dass ihr Gatte oder eines ihrer Kinder hungrig vom Tisch wegging, so kochte sie stets mehr als genug. Göpf arbeitete auf Baustellen. Die Arbeit war anstrengend und so freute er sich jedes Mal, wenn er nach Hause kam und seine Frau ihm ein deftiges Gericht zubereitet hatte.

Die Kinder waren lÀngst ausgezogen und Göpf genoss die ruhigen Zeiten und die traute Zweisamkeit mit seiner Hilde.
Göpf wurde pensioniert und genoss das ‘dolce far niente’.
Jedoch schlug ihm das ‘sĂŒĂŸe Nichtstun’ brutal auf sein Gewicht. Er sollte sich mehr bewegen und weniger essen, so der Ratschlag seines Arztes. Aber wie sollte ihm dies gelingen, wenn seine Hilde immer noch, wie frĂŒher, so große Portionen zubereitete?
Göpf erzĂ€hlte beim Abendessen vom neulichen Arztbesuch. Hilde dachte angestrengt nach, wie sie ihren Gatten aktiv unterstĂŒtzen könnte. Da kam ihr eine Idee. In der Zeitung las sie eine Kursausschreibung fĂŒr einen Töpferkurs. Noch am selben Abend meldete sie sich an. Ihr Mann verstand zwar nicht, was dies mit seiner Gesundheit zu tun haben sollte, aber er goutierte ihren Entscheid.
WĂ€hrend die meisten Teilnehmer Vasen und Schalen modellierten, gestaltete sie mit großem Eifer halbe Teller. Diese bemalte sie mit Göpf’s Lieblingsfarbe. 
Als Göpf seine Mahlzeit zum ersten Mal im neuen, halben Teller erhielt, machte er große Augen und schaute seine Frau fragend an.
Hilde schmunzelte, setzte sich auf seinen Schoss, gab ihm einen innigen Kuss und erwiderte: «Schatz, ab heute bekommst du nur noch die halbe Portion. Mit dieser Maßnahme verlierst du garantiert die ĂŒberflĂŒssigen Pfunde. Und als Belohnung fĂŒr diesen Erfolg verbringen wir mit dem gesparten Geld einen wunderschönen Urlaub.»

Fiktive Geschichte

Titelbild: ‘Halbe Nachspeise’ von Barbara ‘herself’ zubereitet.
Diese story inspirierte mich beim Besuch bei Barbara, der liebenswĂŒrdigen ZĂŒricher AltstadtfĂŒhrerin.

Manchmal wĂŒrde es uns allen nicht schaden, einen halben Teller, anstelle eines völlig ĂŒberladenen zu bekommen. 
Und Buffets sind fĂŒr mich jedes Mal der Untergang, denn ich muss von allem probieren und der Teller sieht am Schluss des Schöpfens einer Pyramide Ă€hnlich. Zum Abschluss bestelle ich ein Sorbet damit es die Verdauung unterstĂŒtzt.
Ich habe jedoch gelesen, dass dies ein MĂ€rchen sei. Ein Sorbet wird bei mehrgĂ€ngigen MenĂŒs als Zwischengang serviert. Es soll den Appetit anregen, den Magen entspannen und fĂŒr die nĂ€chsten GĂ€nge vorbereiten.
Na dann – Mahlzeit!

© Marianna Vogt 2024-03-03

Genres
Humor& Satire
Stimmung
Hoffnungsvoll, Inspirierend, Unbeschwert
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