von EveGrusel
Jedes Jahr ziehe ich mit meinen Freunden von Haus zu Haus. Herr Johnny passt dann auf uns auf. Er liebt Halloween. Doch dieses Jahr konnte ich nicht, ich war krank. Und leider ist es nicht nur ein Schnupfen. Schon am Morgen bin ich mit Fieber aufgewacht. Mama steckte mich zurĂŒck ins Bett, gab mir Tee und Medizin. Sie mahnte: âHalloween fĂ€llt fĂŒr dich aus. Sonst wird es noch schlimmer.â Ich trampelte und tobte, doch war schnell erschöpft und sank ins Kissen. Mama strich mir ĂŒber den Kopf und kĂŒsste mich. Dann schlief ich ein. Zwischendurch sah ich Kain und Stanley und Mama die nach den Rechten schaute. Doch zwischen wach und Schlaf, waren es nur WimpernschlĂ€ge. Wie spĂ€t es sein mochte, als ich erwachte? Der Durst hatte mich hochgetrieben, die Zunge klebte am Gaumen und die Lippen waren spröde. Ich warf mir die Decke ĂŒber und zog die Hausschuhe an. Ich schlurfte in die KĂŒche, nahm ein Glas und lieĂ den Wasserhahn laufen. Wie ich trank, sah ich aus dem Fenster. Es war alles dunkel, nur der Mond schaute freundlich hinab. Ich stellte den geleerten Becher auf die Theke und wollte zurĂŒck, da hörte ich was. Ein Scharren, ein Knarzen. Vielleicht doch von drauĂen?Ich lief zur TĂŒr und machte sie auf. Wind blies mir entgegen, er trieb welkes Laub an die HaustĂŒr. Ich fror. Das kleine Licht im KĂŒrbis, den ich geschnitzt hatte, gab mir Trost. Und ich wollte es bei mir wissen, so glitt ich schnell hinaus. Die StraĂe war verlassen und die Kinder schon lange Heim. Ich nahm meinen stillen, gelben Freund und schlich ins Haus zurĂŒck. âIst es nicht etwas spĂ€t fĂŒr dich?â Ich hörte die Stimme und erschrak. Eine Hand legte sich auf meine Schulter und ich wurde starr. Aber die Hand war warm und ich drehte mich um. Eine Frau stand hinter mir, sie trug ein Kleid und stĂŒtzte sich mit einem Stock. Sie hatte langes, rotes Haar, das wie Feuer in der Dunkelheit leuchtete. Erst dachte ich, es wĂ€re Mama, dann fiel mir ein, dass sie keine roten Schuhe besaĂ. Die Frau lĂ€chelte, ihre GrĂŒbchen um den Mund machten sie alt.âErkennst du mich nicht?â, fragte sie. Ich schĂŒttelte den Kopf. âDabei sehen wir uns doch jeden Abend.â Wie ich ĂŒber die Worte nachdachte, kam es mir in den Sinn: âOma!â Sie lachte. Sie reichte ihre Hand, zunĂ€chst wollte ich nicht, wollte den KĂŒrbis nicht loslassen, stellte ihn dann ab. Ihre Finger waren rau, es war aber nicht unangenehm. Wir schritten die Stufen hinauf: âDu siehst gar nicht schrumpelig aus, wie kommt das?“, wollte ich wissen.âDas liegt an dem Zauber von Halloween.â ,sagte sie, âIn jener Nacht ist der Schleier so hauchzart, dass ich hindurchtreten kann, um nach dem Rechten zuschauen.â
Wir standen in meinem Zimmer. Ich zeigte ihr alle meine gemalten Bilder und mein Hexenbuch und welche Zauber ich schon kannte. Sie schaute zu und lÀchelte stolz.
Es wurde Zeit fĂŒrs Bett. Oma deckte mich zu, sie strich mir ĂŒber die Haare und mir wurde warm und es kribbelte am Scheitel. âWir sehen uns wieder. Ich bin immer da, auch wenn ich schrumpelig aussehe.â Ich lachte und schlief ein.
© EveGrusel 2022-10-31