von Annika Herda
Twenty-eight never felt so great. Von wegen. Nur ein paar Drinks sollten es sein. Ganz gemütlich. Kein großes Ding aus meinem Geburtstag machen. Abzusehen, dass die Abende, an denen es ganz entspannt zugehen soll, immer am meisten eskalieren. Je älter ich werde, desto weniger schlimm werden die körperlichen Beschwerden nach exzessiven Alkoholkonsum. Ja, richtig gelesen! Letztes Jahr Weihnachten hat sich nach einer Flasche Rotwein und dem Aufwachen OHNE Kopfschmerzen, der Verdacht eingeschlichen, dass ich möglicherweise „the unbreakable“ bin. Von Spinnenbissen über dunkle Magie oder einem absurden Paralleluniversum, bin ich alle Möglichkeiten durchgegangen. Letztendlich war die Erklärung zu meiner Enttäuschung dann doch banaler als angenommen. Es ist das Zwi-Wa, dass mein Leben rettet. Zwi-Wa ist die alberne Abkürzung für Zwischen-Wasser und ist zwar simpel, aber genial! Der Mensch besteht aus bis zu 85 % Wasser. Wir sind daher bloß Gurken mit Gefühlen. Allerdings recht hirnloses Gemüse, wenn man bedenkt, dass wir ernsthaft glauben, dass Tequila nach dem fünften Aperol eine wahnsinnig gute Idee ist. Cheers!
Hab ich also endlich den Geheimcode geknackt und bin nun in der Lage ein brauchbares Mitglied der Gesellschaft zu sein, nach einer durchzechten Nacht, muss ich mich mit fortschreitendem Alter nun anderen Problemen stellen. Hangxiety ist mein neues Kryptonit. Kater-Depression ist kein Millenial-Problem. Es gibt eine wissenschaftliche Erklärung dafür. Es hat mit GABA-Rezeptoren, Glutamat und dem zentralen Nervensystem zu tun. Ultra kompliziert und wenig hilfreich zu wissen. Nur weil es eine Erklärung dafür gibt, lässt es sich einen nicht weniger beschissen fühlen.
Dabei habe ich keinen Grund für Niedergeschlagenheit, Scham oder Bedauern. Ich selbst finde mich beschwipst goldig. Klar, das ist Auslegungssache und nicht jeder steht auf herzliche Umarmungen oder ausuferndes „Whoooohen“, wenn die spice girls aufgelegt werden.
Nachdem die beschämenden Teenager-Eskapaden, bei denen mit Wildfremden geknutscht oder vor den Taxistand gekotzt wird, hinter mir liegen, habe ich doch eigentlich keinen Anlass, mich am Morgen danach mies zu fühlen. Es gibt keine walk of shames von irgendwo nach Hause oder ein peinlich berührtes „danke, wir hören uns“, während man seine Unterwäsche unter dem Bett sucht.
Vielleicht trauere ich meiner Jugend nach? Jetzt gibt es keine Fauxpas‘ mehr, die beim Kater-Frühstück, das aus einem Liter schwarzen Kaffee und einer Zigarette besteht, ausführlich mit den Freundinnen diskutiert werden. Jetzt steht man morgens auf, wäscht sich, schmeißt die stinkenden Klamotten in die Waschmaschine und macht weiter. Vernünftig halt.
Auch wenn ich gelegentlich, wenn mir das Leben mal wieder über den Kopf zu wachsen droht, denke „Hilfe, ich brauche einen Erwachsenen“, möchte ich im Grunde nicht mehr sechzehn sein.
Also doch, Twenty-eight, never felt so great!
© Annika Herda 2022-09-26