von RolfReudiger
Heute ist ein wahrer Freudentag im Hause Reudiger.
Wir alle brauchen ab und zu Freudentage.
In Zeiten wie diesen sollte uns jeder noch so kleine Anlass zur Freude ein LKW-breites Grinsen ins Gesicht prügeln.
Wir sollten uns ganz bewusst darauf einlassen, glücklich und freudig zu sein.
Also feiern wir heute Geburtstag!
Nicht meinen, nicht den meiner Nachbarin (lebt die eigentlich noch?) und auch nicht den meines imaginären Anwalts Dr. Zwick.
Nein, wir feiern den Geburtstag meines Katers Kasper.
(…und genau heute auch den ersten Geburtstag des Notre Dame-Feuers. Könnt ihr euch noch erinnern? Damals, als eine brennende Disney-Kirche unser größtes Problem war? Hahahahaha.)
Katerchen Kasper ist mein drittlästigster und zweitbehaartertester Freund auf der Welt.
Ich habe ihn damals aus den nicht unbedingt tierlieben Händen eines Bauern gerettet und von all den widerlichen Wiesen und Wäldern in meine idyllische Sozialwohnung manövriert.
Damals, als er noch so groß wie meine Handfläche (aber wesentlich süßer) war, habe ich mich in ihn verliebt. Dabei war er nie ein „lieber Kater“. Er war im Grunde genommen schon immer ein Arschloch.
Ein verfressener, Sofa zerstörender und auf den Teppich kotzender Flegel.
Wenn er seine Kinder misshandelt hätte, würde er perfekt als böser Stiefvater in einen Groschenroman passen.
Für seinen Geburtstag habe ich extra-bissfestes Dosenfutter besorgt und zwei kleine Geburtstagskerzen hineingesteckt.
Zu Jesus Geburtstag zünden wir Tannenbäume an – zu Kaspers Geburtstag eben Nassfutter – warum nicht? #GlaubeRechtfertigt
Heute wird Kasper schon zwei Jahre alt.
In Katzenjahren ist er eigentlich acht.
Ich konnte mit acht schon behelfsmäßig schreiben, staubsaugen (Danke, Mama!) und mich rudimentär um die eigene Nahrung kümmern.
Er schreibt mit acht ungefähr genauso sinnerfassend wie er staubsaugt und würde von den drei Fliegen die er in der Woche fängt niemals satt werden.
Ist er im Vergleich zu meinem achtjährigen Ich also ein absoluter Versager?
Könnte man schon sagen, aber das wäre an seinem Geburtstag äußerst gemein.
Kasper schafft es nicht, die Kerzen auszupusten, also helfe ich ihm und entferne sie vom Napf.
Er frisst und ist happy.
Wenn ich Geburtstag feiere, trinke ich meistens (in Gesellschaft) – und bin auch happy.
Dann schwimmt mein Stammhirn nach wenigen Stunden in einer wohlig warmen Suppe blutverdünnten Alkohols und ertränkt reihenweise Traumata, Erinnerungen und Witze (die merkt man sich nämlich deshalb nicht).
Und ich liebe es.
Einfach einmal loslassen.
Sich mit Freunden volllaufen lassen.
Sich wie neugeboren fühlen: Grundlos herumschreien und weitgehend die Kontrolle über den Schließmuskel verlieren – wie ein Neugeborenes, Baby!
Dann legt sich Kasper hin und schläft.
Ich räume die Luftballons und das Konfetti weg, schenke mir einen Wein ein, beobachte ihn beim Schlafen und bin auch glücklich.
Ich habe Freude gehabt. Kasper auch.
Und darum gehts.
© RolfReudiger 2020-04-15