Hat Glück ein Ablaufdatum?

SuzukiOma

von SuzukiOma

Story

Schon bei der Geburt hatte mir mein Schutzengel eine Portion Glück verabreicht, denn zur rechten Zeit erreichten mich die ersten Sonnenstrahlen, nach der Flucht meiner schwangeren Mutter aus Tschechien, auf österreichischem Boden.

Glück gehabt.

Eine unbeschwerte, fröhliche Kindheit durfte ich erleben und habe die Schulzeit ohne wirkliche Schwierigkeiten durchwandert. Der Lehrplatz bei Ankerbrot war damals auch nicht selbstverständlich, aber ich habe ihn erhalten.

Glück gehabt.

Als mich dann das Büroleben reizte, weil in meinen Augen die geregelte Arbeitszeit und ein freier Samstag genug Grund war, einen Arbeitsplatzwechsel zu rechtfertigen, bekam ich durch die Fürsprache meiner Firmpatin die Chance, in einer kleinen, Krankenkasse beginnen zu dürfen. Natürlich war es mit zusätzlicher Ausbildung verbunden, denn Schreibmaschine und Steno sollte man eben in einem Büro perfekt beherrschen, also auf zur Abendschule. Nur war ich auf dem mir zugewiesen Platz nicht sehr zufrieden, nicht nur, dass ich alleine in einem Zimmerchen saß, auch das Schreiben der Matrizen hing mir irgendwann zum Halse raus, es fehlte mir ganz einfach ein bisschen Gesellschaft. Es änderte sich, als ich durch einen verständnisvollen Direktor in eine Abteilung versetzt wurde, in der das von mir so geschätzte geschäftige Treiben stattfand.

Glück gehabt.

Es herrschte zu der Zeit ein Wirtschaftsaufbruch, man konnte bei einer Firma herausgehen und bei der nächsten hinein. Durch meinen letzten Arbeitgeberwechsel landete ich bei einer Baufirma, dort blieb ich über dreißig Jahre bis zur Pension 2001. 2002=Herzinfarkt!

Glück gehabt.

Privat hatte sich auch der Herzbube eingefunden, mit dem ich nun seit 55 Jahren verheiratet bin. Etliche Höhen und Tiefen haben wir gemeinsam gemeistert. Mit viel Fleiß gelang es uns, den notwendigen Polster zu schaffen. Unsere Wohnung konnte ich bereits mit 16 Jahren anzahlen, allerdings mussten wir sieben Jahre auf die Fertigstellung warten. Das Geld damals, es waren 10.000,- Schillinge, borgte mir ein Wahlonkel, ich konnte es ohne Zinsen in kleinen Beträgen zurückzahlen.

Glück gehabt.

Nach einer Fehlgeburt und dem Verlust einer süßen Tochter im Alter von drei Monaten, durfte ich doch noch einem Sohn das Leben schenken, da war ich 35. Doch auch hier gab es Komplikationen, er hatte Fruchtwasser geschluckt und musste drei Wochen in der damaligen Kinderklinik Glanzing im Brutkasten verbringen. Inzwischen ist er 41! Wir haben entzückende Enkelkinder, die uns Freude bereiten.

Glück gehabt.

Nun, da uns viele Freunde verlassen haben, sind meine Gedanken natürlich des Öfteren in der nahen Zukunft. Wie wird es weitergehen mit uns beiden “Alten”? Werden wir trotz unserer Beschwerden noch in der gewohnten Umgebung bleiben dürfen und uns gegenseitig die notwendige Hilfe zukommen lassen können? Der Glaube daran ist vorhanden und wir hoffen das Beste!

Jetzt drängt sich die Frage auf:

Hat Glück ein Ablaufdatum?

© SuzukiOma 2021-04-12

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