Haubengericht Melchermuas

Christian H. Moser

von Christian H. Moser

Story

Untrennbar mit der Alm verbunden ist das sog. Melchermuas. Es war wegen seiner schnellen Zubereitung das Gericht der hart arbeitenden Almhirten in den früheren Tagen.

Heute ist das Melchermuas eine Art Haubengericht der Almen. Jeder spricht gerne darüber, nur wenige können es aber kochen. Wird vom Melchermuas gesprochen, so kommt ein Gefühl der Sehnsucht. Melchermuas nur aussprechen und man will es gedanklich essen.

Für meine Frau war klar, dass sie diese Herausforderung annahm. Es sollte nicht nur beim Reden bleiben. Die ersten Versuche brachten schon beachtliche Ergebnisse. Eine besondere Herausforderung war der „Seitenwechsel“ – hat nichts zu tun mit dem vom Fußball – in der Pfanne. Ein eleganter Schwung und das Melchermuas war in der Pfanne gewendet. Da gab es auch das ein oder andere Mal eine knappe Entscheidung, wäre das Melchermuas doch fast neben der Pfanne gelandet.

Mit viel Training verfeinerte meine Frau das Gericht und die Wurftechnik immer mehr. Das Rezept hat sie bis heute nicht verraten. So viel gab sie schon preis: „Es braucht Milch, Butter, Mehl und die richtige Prise Salz“. Wer das Gericht nach kochen will, muss die verschiedensten Mixturen einfach ausprobieren.

Die richtige Technik beim Wenden braucht viele Übungseinheiten. Die Kruste – im Volksmund „Prinze“ genannt – bildet den krönenden Abschluss. Die Auswahl der Pfanne spielt ebenfalls eine entscheidende Rolle. Über dem Herdfeuer gekocht entfaltet das Melchermuas erst seinen typischen Geschmack.

Es wurde dann gekocht, wenn wir Besuch hatten. War das Melchermuas früher eine bescheidene Kost, so ist es heute ein besonderes Zeichen der Wertschätzung und wird aus der Pfanne in der Mitte des Tisches gegessen.

Jeder bekommt einen Löffel und isst so viel er mag. Dieses Essensritual ist heutzutage vielen nicht mehr bekannt. Umso mehr war es auf unserer Alm ein besonderer Akt des Zusammenseins. Da wurde dann diskutiert, gelacht, man war glücklich und erfreute sich an der Einfachheit des Almlebens und traditionellen Kost.

Serviert wird das Melchermuas mit „Glanmarmelade“. „Glan“ werden Preiselbeeren im Heimattal meiner Frau genannt, bei uns zu Hause heißen sie „Grantn“. Die „Glan“ werden im Herbst mit viel Handarbeit gepflückt und zu Marmelade verarbeitet. „Glanmarmelade“ eignet sich auch bestens als Medizin bei Verkühlungen im Winter.

Gekocht wurde das Melchermuas von meiner Frau nur solange der Vorrat an selbstgemachter „Glanmarmelade“ reichte. War er aufgebraucht, so gab es auch kein Melchermuas mehr. Eine Schale Milch dazu passt noch bestens als Getränk.

Dies war unser Haubengericht der Alm. Wir hätten kein anderes gewollt. Es schmeckte und schenkte uns viele schöne gemeinsame Stunden im Kreise der Familie und mit Freunden.

© Christian H. Moser 2020-09-23

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