von Travelbird
Die Bretter, die die Welt bedeuten, sind mir als Nordlicht völlig fremd. Ich bin es gewohnt morgens am Horizont zu sehen, wer mittags eintrifft. Doch ich nahm die sportliche Herausforderung meiner Freundin an, als sie verkündet: »Marlen, du und ich haben ein Date mit den Schweizer Bergen. Auf nach St. Moritz.« Challenge accepted! So schwierig wird es ja nicht sein auf zwei Holzlatten den Berg herunterzurutschen, oder?
Eine Woche später stehe ich dick eingepackt in meinem neonfarbenen 90er-Jahre-Look und Profi-Ausrüstung am Berghang. Die puscheligen Hasenohren am Helm flattern im Wind. »Kleider machen Leute«, denke ich, »und ich sehe ja wohl phänomenal aus.«
Doch im Angesicht der Schnee-Giganten überkommen mich Zweifel an der tollkühnen Mission. Meine beste Freundin zischt an mir vorbei und kommt lässig im Schneeflug vor mir zum Stehen. »Startklar? Da geht’s durch den Tunnel. Dein Trainer wartet schon. Hals- und Beinbruch!«, und weg ist sie im Affenzahn. Meine Antwort, ich habe es mir nochmal überlegt, verhallt unbeantwortet in den Bergen. Ich schlittere mehr schlecht als recht durch den Tunnel.
»Ciao Bella«, höre ich es rufen. Ah! Ein Italiener? Bravo, ein Flirt- statt Skikurs! Gut sieht er aus. »Magst du Pizza?« »Mit dir und einer Flasche Wein? Sì, pronto», denke ich, nicke stattdessen und grinse debil im Takt meiner Hasenöhrchen, die vor und zurück flippen. »Perfetto, dann du lernste jetzt bremse«, sagt er. »Du legste die Skispitzen zusamme, die Ende zeige weit nach auße und bilde eine Dreieck. Wie bei Pizza.«
»Verstanden«, ärgere ich mich dennoch, dass unser Pizza-Date so fix zur Tiefkühlkost verkommt. Ich gebe mein Bestes, doch es reicht nur für zwei lausige Spaghetti, die aneinander kleben bleiben wie meine beiden Skier. Und zack, ich lande wie ein Käfer auf dem Rücken. »Ah nixe slimm. Nochmal probiere«, feixt er und hievt mich auf die Ski.
»Ich bevorzuge Asiatisch«, schmolle ich. »Siehte manne. Deine Ski wie zweie Holze-Stäbsche. Du musst sie auseinaaander ziehen«, dehnt er Worte und Arme in die Länge. »Ich zieh dir gleich was anderes lang, wenn du weiterhin so süffisant grinst«, geistert es durch meinen Kopf.
Eine Stunde später.
»Letzter Versuch. Ich mache dir die Pizz-aaah«, sage ich verdrossen, während ich erneut zu Boden gehe. Das Schauspiel wiederholt sich bis ich die Schnauze gestrichen voll habe. Genug Pizza al Mist-Ah! Ich werde zur Motze-Ella und stecke meine Skistöcke con Rabiata in den Schnee. Feierabend! Mein Hintern ist bereits blau. Nicht von Erfrierungen, sondern vom Fallen. Umso überraschter höre ich meinen sexy Italiano rufen: »Grüne Lichte für blaue Piste, Bella«, doch ich sehe Schwarz. Wie zum Henker soll ich Greenhorn ohne rote Nase runterkommen?!
»Du packste das schon, Bella. Schau, ich fahre rückwärtse und du hältste meine Stock«. Bitte was halte ich?! Ich packe seinen Ski-Stock und falle abermals – auf ihn. »Sag mal. Magst du Pizza mit mir?« »Sì! Della casa.« Das nenne ich heiß auf Eis.
© Travelbird 2021-02-18