Heißer Fund (2)

Maria Büchler

von Maria Büchler

Story

Dieses Boot auf dem See, in das ich gestern einen Blick geworfen hatte, ließ mich nicht schlafen. Dagegen konnte auch der Whiskey nichts ausrichten. Ich wusste nicht, wie ich mit dem Fund umgehen sollte.

Ihr könnt jetzt sagen, das sei doch schwachsinnig, ich solle die ganze Sache vergessen. Ja, was eigentlich? Es ging so schnell, dass sich mir zwar ein Bild ins Hirn gebrannt, mich aber gleichzeitig verwirrt hatte. Das war – bizarr! Genau: bizarr!

Gegen drei Uhr stand ich wieder auf und legte zur Ablenkung eine CD mit deutschen Schlagern ein. Zu meinem letzten Geburtstag hatte mir jemand eine Scheibe von Jürgen Trovato geschenkt. Ein paar anspruchslose Liedchen, gerade recht, um mich berieseln zu lassen. Bei der vierten Nummer horchte ich auf. Untermalt von jaulenden US-Polizeisirenen und in flotten Rhythmen tönte es aus dem Lautsprecher:

„Ich hab gedacht, ich bin sicher, und sowas würde mit mir nicht passieren. Detektive in der Nacht.“

Das traf mich wie die Bombe. „Chaos in meinem Bezirk“, ja genau! Der Kerl sang mir voll aus der Seele, und ich revidierte meine Meinung ein wenig. Nun war Handeln angesagt, denn mit der Nachtruhe war es ohnehin vorbei. Rasch schlüpfte ich in Hose, Shirt und die Schuhe von gestern, die mit dem angetrockneten restlichen Sand. Nach meinem Whiskeykonsum konnte ich das Auto nicht benutzen und lief deshalb die Straße hinauf zur Hochebene, so schnell ich nur konnte. Was würde ich vorfinden? Lag das Boot noch an seinem Platz im See? War der Inhalt noch drin, im selben Zustand?

Diesmal wollte ich an einer anderen Stelle in den See steigen. Ich umging ein Stück Schilf, trat einige Male ins Wasser und holte mir nasse Füße. Mein Kopf war zum Zerplatzen prall gefüllt mit konfusen Gedanken. Ich hatte mich längst an die Dunkelheit gewöhnt und sah, dass es ringsum keine weiteren Spaziergänger gab. Auf der Straße fuhr ab und zu ein Wagen vorbei. Doch der See lag abseits, die Scheinwerfer konnten mich nicht erfassen.

Die Ruder ragten immer noch empor, alles schien genauso wie gestern. Mit wild klopfendem Herzen glitt ich durchs Wasser und konnte nun auch den Namen des Bootes am Bug erkennen: „Trouvaille“, Fundstück. Ich schwamm heran und entdeckte eine Inschrift, die in kleinen Lettern ins Holz geritzt worden war:

„Wer mich findet, darf mich behalten.“ Was – die Jolle? Den Inhalt? Aufgeregt griff ich nach dem Rand und zog mich hoch, um endlich einen längeren Blick hineinwerfen zu können. Doch meine nasse Hand glitt ab, die Fingernägel schrammten schmerzhaft über das Holz. Nur kurz hatte ich die Maske gesehen, das rote Gekräusel, den hellen Schimmer glatter Haut. Ich fror plötzlich, meine Zähne schlugen aufeinander. Was konnte, was MUSSTE ich tun?

Plötzlich Hundegebell – ein Mann mit vierbeiniger Begleitung kam von der Straße her in meine Richtung. Das fehlte noch, dass das Tier meine Sachen als Beute apportierte! Ich strebte dem Ufer zu, so schnell und so lautlos ich nur konnte. Rasch in die Kleider und nichts wie weg!

© Maria Büchler 2021-03-13