Heilen mit Kräutern – auch den Rücken

Dietrich Grönemeyer

von Dietrich Grönemeyer

Story

Ich erinnere mich noch sehr genau an die „riesigen Handschaufeln“, die meinen dagegen fast schmal erscheinenden Rücken in die Hände nahmen. Ich war 16 Jahre alt und aktiver Sportler und hatte mir den Rücken verrenkt. Diese Pranken – man staune – wanderten feinfühlig wie Spürnasen über meine verspannte Muskulatur und schwupp hatten sie die schmerzhafte Stelle sozusagen blind ertastet.

Es waren die Hände eines ehemaligen Bergmanns, der durch Umschulung während der Zechenkrise im Ruhrgebiet im Bochumer Bergmannsheil-Krankenhaus umgeschult wurde. Wie viele seiner Kumpel, die damals z. B. Krankenpfleger, Masseure oder Krankenhaussmutjes, also Kantinenköche wurden. Tolle Kerle, die meisten von ihnen auch vom Gefühl her für mich echte Kumpel, die auf Augenhöhe mit uns Patienten in Umgangssprache sprachen – und nicht in Medizinchinesisch – und mit uns lachten.

Übrigens wie die meisten Krankenschwestern und -pfleger weltweit ja immer noch. Es sei denn, das Lachen ist ihnen vergangen wie in diesen so schweren Corona-Zeiten. Sie machen einen wahnsinnigen, unermüdlichen, fast unmenschlichen Job und opfern sich auf. Für uns alle! Ich verneige mich andächtig und mit großem Respekt von ganzem Herzen vor ihnen!

Zurück zu Theo, dem Masseur. Er wurde mein erster Rücken-Lehrer. Er zeigte mir nicht nur, dass man Pillen auch durch wissende Hände ersetzen kann, bei Rückenschmerzen genauso wie bei anderen Muskel- oder sogar Bauchschmerzen. Außerdem rieb er meinen Rücken erstmals mit einer wärmenden, fast brennenden Salbe ein, die mir sehr wohltat. Er erklärte mir, dass das z. B. Chili und die Senföle die ersten Medikamente gegen Schmerzen waren, über die unsere Vorfahren und wie in diesem Fall die Indianer verfügten. „Nur mit dem, was in der freien Natur wuchs, konnten sie Schmerzen lindern und Krankheiten heilen“, erklärte er mir, einem großen Fan zur damaligen Zeit von Winnetou, dem Apachenhäuptling. Das habe ich nie vergessen und bin Theo so dankbar, dass ich diesen Weg seit damals in Gedenken an ihn nie verlassen habe. Zunächst als Sportler, später als Medizinstudent, Vater, Großvater und Arzt.

Heute weiß ich, dass sich über die Jahrtausende ein Erfahrungsschatz in der Medizin angesammelt hat, der es erlaubt, bestimmte Kräuter, Samen und Wurzeln immer gezielter einzusetzen. Auch die Schulmedizin profitiert davon. Mehr denn je! Der Wirkstoff des Aspirins beispielsweise, die Acetylsalicylsäure (ASS), wurde zunächst aus der Weidenrinde gewonnen und später chemisch synthetisiert. Bei meinem Spezialgebiet „Rücken“ setzte ich seit jeher Heilkräuter auch lokal ein. Etwa Johanniskraut zur Muskeltiefenentspannung – als „Rückenbalsam“ gemischt mit Weidenrinde, Chili und Senf. Oder auch Kurkuma innerlich als Ersatz für ein leichtes Schmerzmittel – was wissenschaftliche Studien bestätigt haben – und angemischt als Paste äußerlich für Gelenke.

© Dietrich Grönemeyer 2020-06-01