von Victoria
Wie oft war ich schon heimlich verliebt? Ich habe nicht mitgezählt, aber es ist mir des öfteren passiert, vor allem in der Jugendzeit. Heimlich – was hat das bedeutet – niemand durfte davon wissen außer mir und meinem Tagebuch, schon gar nicht der Auserwählte selbst. Viel zu groß war die Befürchtung abgewiesen zu werden.
Also sehnte ich mich so dahin – im stillen Kämmerchen – mal himmelte ich einen Schulkollegen an, dann wieder den Burschen aus der Nachbarschaft, der schon längst eine Freundin hatte, aber fesch war er halt und freundlich zu mir. Einmal war ich sogar in meinen Cousin verliebt – ach herrje, was hatte ich da für ein schlechtes Gewissen, das durfte doch nicht sein, das eigen Fleisch und Blut, das grenzte ja schon beinahe an Inzucht, oder?
So liefen meine Schwärmereien immer in aller Heimlichkeit ab, niemand durfte davon erfahren. Es war wie verhext – die Jungen, die sich für mich interessiert hätten, die wollte ich nicht. Ja, sie waren ganz nett, aber entweder zu dumm oder zu hässlich oder viel zu langweilig … das Leben ist nicht immer einfach und geht viele Umwege, bis man vielleicht einmal (oder auch nicht) zum erwünschten Ziel gelangt.
Diese heimlichen Lieben hörten auch im Erwachsenenalter nicht ganz auf, sei es im Arbeitsleben oder auf privater Ebene (obwohl ich mir niemals mit einem Arbeitskollegen etwas anfangen wollte, die Folgen, wenn die Beziehung doch nicht funktionieren sollte, wären zu fatal gewesen – ich wäre diesem Mann dann gezwungenermaßen jeden Tag begegnet, das wäre untragbar für mich gewesen).
Verliebt war ich trotzdem mal in einen Kollegen – man kann ja seine Gefühle nicht immer so steuern, wie man gerne hätte – er war etwas älter als ich, hatte ein sympathisches ansprechendes Wesen, war sehr intelligent, hatte ein süßes Lächeln … aber ich hätte keine Chance gehabt bei ihm, denn er fühlte sich als etwas Besseres, weil er neben der Arbeit ein Studium absolvierte. Zum Glück wechselte er nach Abschluss des Studiums die Firma, so konnte ich nach ein paar Monaten „Nachweinens“ diese Episode gedanklich abschließen.
Vor einiger Zeit hat es mich wieder einmal „erwischt“ – zunächst schwärmte ich für diesen Mann – er war lebensfroh und menschenbejahend, hatte Ausstrahlung und war sehr wertschätzend anderen Menschen gegenüber, egal welches Geschlecht oder Alter – das gefiel mir – und seine wunderschöne Stimme, seine tollen Haare … okay, ich übertreibe, ja, ich habe mich ein wenig verknallt; aber … nun, zu meinem Pech ist er vergeben. Er ist verheiratet, hat 2 Kinder im gleichen Alter wie die meinen – und führt ein glückliches Familienleben.
Vor kurzem sah ich ein Foto von seiner Frau, und als ich sie sah, wusste ich, dass sie es nicht verdient hat, von ihrem Mann betrogen zu werden. Also muss ich mir diesen Typen wieder aus dem Kopf schlagen. Aber es ist schwer, wenn sich mal ein Gedanke, ein Gefühl im Kopf und im Herzen festgesetzt hat.
Man muss dieses Gefühl aus Vernunftgründen wieder vertreiben. Ich arbeite daran …
© Victoria 2019-08-08