Hemingway in Paris

Aulona Demolli

von Aulona Demolli

Story
München

Die ersten warmen Sonnenstrahlen Münchens hatten mich in eines meiner Lieblingscafés an der Leopoldstraße hinaus gelockt. Wie stets, ging ich nie ohne ein Buch raus und so vertiefte mich bei einer heißen Tasse Kaffee in die Lektüre von Hemingway „Francis Macomber“. Doch so sehr das Werk mich fesselte, konnte ich das Gespräch eines jungen Paares, das gegenüber von mir saß, nicht überhören. Ihre Stimmen, lebendig und voller Vorfreude, mischte sich mit dem leisen Klirren der Tassen und dem murmelnden Stimmgewirr des Cafés. Sie unterhielten sich über ihre bevorstehende Reise nach Frankreich und gingen gemeinsam die organisatorischen Punkte durch. Die junge blonde Dame war, genauso wie ihr Freund, schlicht, aber elegant gekleidet. Die junge hübsche Blondine war von einer spürbaren Aufregung erfüllt. Ihre Augen leuchteten, als sie sagte: „Ich kann es kaum abwarten, den Eiffelturm zu besichtigen und Bilder an den meistbesuchten Spots zu machen!” Der Freund lächelte und fragte sie neugierig: „Warum möchtest du eigentlich so sehr nach Paris?” In dem Moment gingen mir so viele mögliche Antworten durch den Kopf. Paris, die Stadt der Revolution und der Aufklärung, der Ort, an dem Napoleon Bonaparte den Grundstein für viele demokratische Verfassungen legte oder Charles de Gaulle, der während des Zweiten Weltkriegs den Widerstand gegen die deutsche Besatzung anführte. Doch vielleicht war es nicht die Geschichte, die die junge Frau anzog, sondern vielmehr die Kunst und die Kultur. Vielleicht liebt sie Musik und es ist Edith Piaf, die sie für Paris begeistert hat oder sie hegt, so wie ich, eine Leidenschaft für die Literatur und das Schreiben und möchte sich in Paris inspirieren lassen, so wie es insbesondere der Fall in den 1930ern war, als die Stadt ein Treffpunkt für ausländische Literaten und Künstler wurde. Zu der Zeit hielten sich dort die Fitzgeralds, Picasso, Gertrude Stein und sogar Ernest Hemingway auf, von dem übrigens der berühmte Spruch „Paris ist ein Fest fürs Leben” stammt. Ja, das musste es sein. Paris zu lieben, sich in diese Stadt zu verlieben, die sehr reich an Geschichte und Kultur ist, verlangt eine nach einer künstlerischen Seele. Ich nahm einen Schluck von meinem Kaffee und lauschte gespannt auf die Antwort der jungen Frau, ganz in Gedanken versunken, als mein Buch plötzlich ganz in den Hintergrund trat. „Seitdem ich die Serie `Emily in Paris´ geschaut habe“, sagte sie schließlich, „will ich unbedingt nach Paris reisen und einige schöne Bilder für Instagram machen.“

© Aulona Demolli 2023-05-20

Genres
Humor& Satire, Reise
Stimmung
Reflective
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