von Winnie
Wir waren den ganzen Tag unterwegs gewesen. Mit öffentlichen Bussen, die wunderschön bunt, aber auch ziemlich alt waren. Ausrangierte Fahrzeuge aus den USA. Einmal hatte es große Aufregung gegeben, weil der Motor einfach nicht anspringen wollte. Der Fahrer blieb relativ gelassen, anscheinend gab es dieses Problem nicht zum ersten Mal. Rigoros forderte er alle im Bus sitzenden Männer auf, zu schieben und so konnten wir schließlich losfahren.
Ein anderes Mal nahm meine kinderlose Freundin M. ein kleines süßes Mädchen, das wegen Platzmangels im Bus am Boden zwischen den Füßen der Mutter hockte, auf ihren Schoß. Die Kleine schlief bald friedlich ein. M. war begeistert, bis sie plötzlich etwas Warmes, Nasses, verdächtig Riechendes auf der Hose spürte. Auf der restlichen Reise hatte sie kein Bedürfnis nach Körperkontakt mit Kindern mehr.
Am Abend waren wir zu viert unterwegs, sehr müde, voller Eindrücke, hungrig und erschöpft. Im Lonely Planet Reiseführer war eine Unterkunft in der Nähe angegeben, preisgünstig und einfach. Ich wollte nicht herumsuchen, mein Sohn schlief schon beinahe im Stehen und ich selbst bevorzuge sowieso einfache Unterkünfte. Mir geht es beim Reisen um das Kennenlernen von Kulturen und Menschen, die Übernachtungen sind mir nicht wichtig. Wir gingen also zur Unterkunft, einem schmalen renovierungsbedürftigen Haus. Endlich hatten wir in der Dunkelheit den Eingang und einen anscheinend zuständigen Mann gefunden. Wir mussten durch ein Zimmer, in dem viele Männer in unterschiedlichem Alter saßen und sich lautstark unterhielten. Es klang aggressiv und fühlte sich für meine Freundinnen bedrohlich an. M. und U. waren mehr als skeptisch. “So viele fremde Männer, hier bleiben wir nicht!” Trotzdem ließen wir uns die Zimmer zeigen. „Einfach“ war in diesem Fall wirklich übertrieben, auch was die Ausstattung betraf. Die Wände sahen verschmiert und ziemlich eklig aus, die Betten jedoch sauber und frisch bezogen.
Meine Freundinnen streikten, sie wollten hier nicht bleiben. Ich streikte auch, ich wollte nicht weiter suchen. Also trennten wir buns kurzfristig, mein Sohn und ich blieben dort, die beiden anderen gingen wieder. um eine bessere und sicherer wirkende Unterkunft zu suchen. Wir vereinbarten, uns am nächsten Morgen wieder zu treffen. Ich war froh über die sauberen Betten, obwohl auch ich mich nicht sehr wohl fühlte hier. Nach etwa einer Stunde, wir hatten schon geschlafen, kamen M. und U. zurück, sie hatten keine andere Unterkunft gefunden.
Am nächsten Tag standen wir früh auf und reisten erleichtert und etwas unausgeschlafen weiter. Die Bettwäsche war wohl wirklich frisch, aber anscheinend mit einem scharfen Waschmittel behandelt gewesen, denn wir bekamen alle einige Tage lang einen allergischen Hautausschlag. Insgesamt jedoch war es ein Erlebnis, welches unser Vertrauen in die Menschen sowie unser Zusammengehörigkeitsgefühl gestärkt hatte.
© Winnie 2021-11-14