Herbert Hofmann – 47 Jahre Samariter

Norbert Netsch

von Norbert Netsch

Story

Ein Samariter erlebt im Rettungsdienst nahezu täglich Situationen, die normale Menschen nur sehr selten durchmachen müssen, Unfälle, lebensgefährliche Phasen einer Krankheit, einfach großes Leid.

Hauptberuflich arbeitete Herbert Hofmann bis zu seiner Pensionierung als Betriebssanitäter, in seiner Freizeit ist er immer noch ehrenamtlich als Samariter tätig.

Wer die Konfrontation mit Leid nicht gewohnt ist, kann sich schwer vorstellen, wie man das über so viele Jahre aushalten kann, mit welcher Strategie schafft man das?

Für Herbert Hofmann ist es die Dankbarkeit und die Wertschätzung, die von den Betroffenen zurückkommt. So erzählt er von einem Mitarbeiter des Betriebs, wo er Sanitäter war, der in einen Lichtbogen geraten ist und dort schwere Verbrennungen erlitt. Er rettete ihn gemeinsam mit anderen und übernahm die Erstversorgung. Seine Freude war besonders groß, als dieser Mitarbeiter nach einigen Monaten wieder arbeiten gehen konnte.

Immer wieder erzählt er von dieser Dankbarkeit der Menschen und man spürt, wie er von der positiven Energie, die er laufend bekommt, erfüllt ist. Das Leuchten, das nicht nur in seinen Augen ist, kann man im Podcast nicht sehen.

Besonders berührend fand ich die Idee der Samariter-Wunschfahrten, wo vielfach einem schon dem Tod geweihten Menschen noch ein letzter Wunsch erfüllt wird. Einmal noch nach Maria Zell fahren, bei schönem Wetter am Ufer des Erlaufsees sitzen und ein Besuch der Basilika darf natürlich auch nicht fehlen. Wie fühlt man sich als Samariter, wenn man einem Sterbenden in einem extra dafür geschaffenen Wagen diese Fahrt ermöglicht? Den bestimmt aufgeregten Menschen noch einmal aus seinem tristen Alltag befreit, die doch längere Fahrt unternimmt? Was spricht man mit einem Sterbenden? Lässt man ihn in schönen Erinnerungen schwelgen? Dann ist man angekommen. Die Zeit vergeht bestimmt wie im Flug. Wie fühlt sich das an, wenn man an einen schönen Ort zurückkehrt, wo man sich früher selbstständig aufgehalten hat und jetzt völlig unselbständig herumgeführt wird? Kann man das als schön empfinden?

Offensichtlich! Sagte doch die betroffene Dame: „Das war heute so ein schöner Tag, schöner geht’s nicht.“ Das muss die Samariter auch glücklich machen. Dann kommt allerdings noch der Nachsatz: „Nun kann ich gehen.“

Wie lebt man als Helfer mit dieser ständigen Konfrontation mit dem Tod? Mit welchem Gefühl fährt man an so einem Tag von der Arbeit nach Hause?

Ich bewundere alle Menschen, die in Gesundheits- und Pflegeberufen arbeiten. Wenn man auch selbst zum Schluss kommt, dass man den Anforderungen dieser Berufe nicht gewachsen wäre, so muss man sich doch die Frage stellen, was man eigentlich selbst für andere leistet. Gibt es Tätigkeiten, die man vielleicht doch schaffen würde? Warum nicht bei den Samaritern, nur Essen liefern oder jemandem einfach ein wenig Gesellschaft leisten? Ab wann kann man von sich sagen, dass man ein “guter Mensch” war?

© Norbert Netsch 2021-08-19

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