Herz über Kopf unverhofft 9

„Ich bin in Kiel geboren, wir haben dann aber bereits mit meinen weiteren 4 Geschwistern in einem kleinen Dorf in der Nähe von Heide gelebt und sind dann irgendwann in ein Haus gezogen, hier ganz in der Nähe, nachdem meine Mum sich von meinem Erzeuger getrennt hat. Er hat meine Mum geschlagen damals und meine Geschwister und mich immer in den Keller gesperrt. Ich war noch sehr klein zu diesem Zeitpunkt und kann mich nicht mehr so sehr daran erinnern aber ich weiß, dass meine Mum immer ganz traurig war zu der Zeit und alles versucht hat, um uns das nicht anmerken zu lassen. Aber ich sage dir, egal wie klein man ist, selbst als kleines Kind hast du ein Empathiegefühl und spürst, wenn es deiner Mum nicht gut geht. Ich bin dann in meinem Heimatdorf zur Schule gegangen, meine Mum hat einen neuen Partner kennengelernt, den ich irgendwann auch als meinen Papa angesehen habe, weil er mehr Papa für meine Geschwister und mich war als mein Erzeuger. Ich habe dann nach meiner Realschule eine Ausbildung im Bereich Anlagenmechanik absolviert und habe mich weiter als technischen Zeichner ausbilden lassen. Irgendwann wollte ich dann aber mehr erleben und habe mich bei der Bundeswehr beworben. Ich hatte schon immer Interesse an Autos und bin seitdem dann auch in dem Bereich tätig gewesen. Und dann kam der Einsatz in Mali und nun sitze ich hier mit dir, Elin. Ich habe mich damals und besonders in den letzten Tagen oft gefragt, warum es meinen besten Freund und nicht mich im Einsatz erwischt hat.. er hat seine Frau und seine wunderschöne kleine Tochter hinterlassen.. und ich habe eigentlich nichts hier.. und dann sah ich dich heute an der Tankstelle und habe in deine wunderschönen Augen gesehen und ich hatte das erste Mal das Gefühl, dass mich etwas wieder berührt hat seitdem.. Ich weiß nicht was genau das hier zu bedeuten hat, aber was ich weiß ist, dass du tief in meinem Inneren etwas auslöst, etwas sehr Schönes. Und dieses Gefühl gibt mir gerade eine Sicherheit, die ich lange nicht mehr fühlen durfte.“ Das war der Moment, in dem auch ich Tränen in den Augen hatte.. er wischte sie mir weg und wir sahen uns nur weiter an, diesmal ohne Worte. Dieser Blickkontakt fühlte sich an wie eine Ewigkeit und keiner von uns wagte es zu blinzeln.. Wie kann es sein, dass mich dieser Junge so sehr in meinem Herzen berührt? Irgendwann schauten wir einfach nur in den Himmel, ohne etwas zu sagen. Mit ihm fühlt sich nichts sagen irgendwie so leicht an..Der Himmel war an diesem Abend wolkenbedeckt aber an einigen Stellen funkelten die Sterne durch die Wolkendecke hindurch und verleitete uns in diesen Momenten über das Leben zu philosophieren. Wir redeten über unsere Hobbies, über Freunde und ExFreunde, über das Leben allgemein, über Zukunftspläne, über politische Themen und über so vieles mehr. Ich bemerkte, dass wir in sehr vielen Bereichen gleich dachten und die selben Interessen hatten. Die Zeit schien stehen zu bleiben und trotzdem wurde es irgendwann hell und wir blickten uns an und mussten lachen. Hatten wir wirklich bis 7 Uhr morgens im Auto gesessen bzw. halb gelegen und geredet?