Herzensscherben, Teil 1

Julia Wolf

von Julia Wolf

Story

Ein, zwei, drei, TrĂ€nen aufgesammelt; frisch vom Teufel. Wer hĂ€tte bloß geahnt — sie wollte sie am Ende nicht, als sie sich schaffte zu verlieben und die PlĂ€ne ihrer Rache zu verlieren.

„WĂŒnsch allen Menschen liebe, auch wenn sie nicht gut zu dir waren“, flĂŒsterst du deinem kleinen Bruder ins Ohr. „Warum?“, fragt dieser verwirrt. „Weil sie so gemein zu mir war. Aber jede Nacht in jedem Traum, höre ich sie weinen, mich um Vergebung bitten. Jede Nacht in jedem Traum verfolgt mich ihre Stimme. Ich höre, wie sie bricht, wie sie hilflos betet, bettelt, fleht all die Engel ĂŒber uns könnten sie erhören. Immer weiter, bis die Engel, von denen sie mal einer war, ihr die Vergebung gewĂ€hren die mein liebstes MĂ€dchen verdient.“

Ich versuche immer noch, meine SĂŒnden abzuzahlen; all die schlechten Gedanken die ich deinetwegen gedacht habe nach jeder Nacht, in der ich mich betrogen fĂŒhlte, weil du mich jedes Mal alleine, zwischen trĂ€nen, blau und rot, auf dem kalten Fliesenboden liegen liest.

Meine Brust erzĂ€hlt die Geschichte davon, wie oft du mir ins Herz gestochen hast. Meine Handgelenke und der Fliesenboden erzĂ€hlen, wie oft ich dachte, ich hĂ€tte es verdient. Wie oft ich mir wĂŒnschte, selbst in mein Herz zu stechen.

Und eines Tages wird es mich töten. Vor allem, weil du dich immer noch nicht entschieden hast, ob ich es wirklich wert bin, gerettet zu werden. Ich höre dir zu, wie du mir erzÀhlst wie stark und mutig ich bin wÀhrend ich fest vom liebsten Tod umarmt werde und sehr bald werde ich einfach mit ihm gehen.

Mehr als alles andere, sehnte ich mich danach gerettet zu werden. Und ich war so egoistisch, egozentrisch, dass ich nicht sehen konnte — du hast nicht geschafft mich zu retten. Du bist mir meinen HĂŒgel hinunter gefolgt. Jetzt sind wir hier zusammen. Beide gebrochen und nie zu lieben gelehrt. Beide nicht sicher, wie wir in diesen dunklen Wald geraten sind voller AlbtrĂ€umen, die uns beide jagen. Und es sind nur wir beide hier. Fielen tief in das Loch der törichten Liebe und vergaßen; ein gebrochener Mensch, kann dich nicht retten. Eine gebrochene Person kann ihre Rettung nicht wertschĂ€tzen.

Was ist stÀrker als wir beide. Zerschmetterten einander immer wieder, hoben jede Scherbe auf, haben uns wieder zusammengebaut. Wir sind so naiv zu glauben, diesmal wird alles besser. Gott, wenn ich ehrlich bin; was ist schwÀcher als wir beide.

© Julia Wolf 2022-08-31

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