HerzgesprÀch

Julia Stankowiak

von Julia Stankowiak

Story

Ich schwimme, in einem dunklen See, voller moosbedeckter glitschiger Steine und niemand ist in der Lage, mich dort unten zu sehen, gar zu erahnen, denn Ich bin gut versteckt zwischen all der Algen, die sich um meine Schenkel ranken. Sie ziehen und zerren an mir, jede Minute glaube ich, jetzt ist es vorbei mit mir und ich gehe unter. Doch irgendwie halte ich mich ganz gut an der OberflÀche, sodass mich zwischendurch ein Atemzug erreicht und mich weiter kÀmpfen lÀsst.

An meinen FĂŒĂŸen knabbern Fische, die ich nicht sehen kann. Es kitzelt; komischerweise hab ich keine Angst. Weder wegen der Dunkelheit, noch wegen des drohenden Ablebens. Ich weiß noch nicht ein mal, ob es das Ende ist, denn irgendwie fĂŒhlt es sich nicht wie ein Abschluss an. Eher wie ein dahin sieden. Ob das jetzt besser ist, bezweifle ich sehr stark. 

Denn ich glaube, ich bin festgefahren, es gibt weder ein Weiterleben, noch ein Sterben. Ein Nichts, ein Abtauchen, ein GefĂŒhl der Leere macht sich in mir breit.

Die Dunkelheit nimmt mich in Besitz, alles wird noch schwÀrzer und ich schlucke Wasser. 

Langsam rinnt mir das kĂŒhle Seewasser die Kehle runter bis in meinen Magen. Auf dem Weg zum Magen streift es kurz mein Herz und meine Aufmerksamkeit richtet sich genau dorthin. 

„Wo bist du, wenn ich dich brauche?“, frage ich es leise. „SchlĂ€gst du ĂŒberhaupt noch? FĂŒr mich oder jemand anderen? Bist du gelĂ€hmt oder taub? Ich schwebe hier zwischen Tod und Nichtsein. Wo bist du in diesem Game?“

Das Herz nickt und sagt: „Ja, ich bin da. Bin ich immer. Doch hattest du nie einen Blick auf mich ĂŒbrig. Immer warst du gefangen. Immer im Außen immer beschĂ€ftigt mit anderen Dingen.“

„Kannst du mir hieraus helfen?“, frage ich mein Herz kaum hörbar.

Mein Herz: „Schließe mich auf und lass mich raus. FĂŒhle mich wieder. Öffne mich wie eine BlĂŒte, die immer blĂŒht. DafĂŒr bin ich da und nicht dafĂŒr, dass du fĂ€llst. Mein Licht und dein Licht, sie sind verbunden. Mein ErblĂŒhen ist dein ErblĂŒhen und dein ErblĂŒhen meins. Stell dir eine Rose vor, die tagsĂŒber ihre Knospe öffnet und sie nachts wieder schließt. Das bin ich. Aber das bist auch du. Gibst du jedwedem Mangel Raum, schließe ich mich, lĂ€sst du FĂŒlle zu, öffne ich mich. LĂ€sst du mich ertrinken, ertrinkst du. KĂ€mpfst du dich ins Licht, schwimmst du wieder oben, kehrt es sich ins Gegenteil.“



© Julia Stankowiak 2025-01-08

Genres
SpiritualitÀt
Stimmung
Dunkel, Emotional, Hoffnungsvoll, Inspirierend, Reflektierend
Hashtags