von Eva Filice
„Was is denn heut nur los, was is denn heut nur g’schehn, heut san so überfüllt, die achtadreiß’ger Wäg’n, der Schaffner, den i frag‘, der schwitzt vor lauter Plag‘, und sagt mir gleich den Grund für diesen Feiertag.
Heut kommen d‘ Engerln auf Urlaub nach Wean, denn dort war’n s’z’Haus, drum hab’n s‘ d‘ Weanastadt gern, hör’n dann die Schrammeln und singen dazua, d‘ Leuteln beim Weinderl, die kriag’n gar net gnua.“
Das waren noch Zeiten, als die Engerl in Wien ihren Urlaub verbrachten! Umweltbewusst fuhren sie mit der Straßenbahn, mit dem 38er-Wagen, nach Grinzing, dem bekannten Heurigenort. Heute kommen statt der Engerl die Tourist:innen aus allen Himmelsrichtungen. Sie strömen aus der Luft, zu Wasser und über Land in die „Weanastadt“. Die Flugzeuge bringen die Urlauber:innen aus allen Erdteilen nach Wien. Gäste von Flusskreuzfahrten überschwemmen für wenige Stunden die Wienerstadt, um Wien im Eilzugstempo zu erleben. Busse laden Wienbesucher:innen vor dem Schloss Schönbrunn oder vor der Hofburg aus. Wien hat immer Saison! Ein Urlaub in Wien mit dem Auto erfordert neben einem Hotelzimmer auch einen Garagenplatz. Campingplätze am Stadtrand lösen das Parkproblem, das vermutlich die Engerl bei ihrem Urlaub in Wien nicht hatten. Ganz Wien ist Kurzparkzone, erlaubt sind höchstens 3 Stunden Parkzeit auf den Straßen.
Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln ist Wien am besten zu entdecken. Fünf U-Bahnlinien, Schnellbahnen, Busse und Straßenbahnen bringen die Gäste zu allen gewünschten Destinationen. Ein Zwischenstopp in Wien, ein verlängertes Wochenende oder ein mehrtägiger Aufenthalt, Wien kann süchtig machen. Ein Wiedersehen ist garantiert.
„Hinter an Bam steht Gott Amor und lacht, viel wird er anstell’n in Wean heute Nacht, der Petrus im Himmerl schaut runter auf Wien, Weanaleut‘, Weanafreud‘, da liegt was drin!“
Die einfachen Reisebedingungen der Himmelboten besingt dieses Wienerlied auch: „Der Herrgott sieht das ein, drum sagt er auch nicht nein und unterschreibt für d‘ Engerln einen Urlaubsschein.“ Heute erfahren wir Wien als Reise-Hotspot. Der Massentourismus steigert sich zum Overtourism. In der Adventszeit, zu Silvester und in der Osterwoche ist ein Ansturm an Tourist:innen festzustellen. Vor den bekannten Sehenswürdigkeiten sind Menschenschlangen zu bemerken, die den Tipps der Reiseliteratur Folge leisten. Die „Weanaleut“ granteln manchmal, sie matschkern oft, sie nörgeln gelegentlich, aber das „goldene Wienerherz“ tritt auch zum Vorschein.
„Heut kommen d‘ Engerln auf Urlaub nach Wean“, das beschwingte Wienerlied im Marschrhythmus weist das Entstehungsjahr 1939 aus, Text stammt von Franz F. Wunsch, Musik von Franz J. Hub. Die Heerscharen, die in jenem Jahr nach Wien kamen, hatten leider anderes im Sinn als zu singen. Ihre abstrusen Machtgelüste stürzten Europa in einen Krieg. Die meisten „Weanaleut“ verspürten damals keine Lust auf das verordnete Singen. „Weanafreud“ war wenig zu spüren.
© Eva Filice 2024-02-15