Hexensabbat. Teil 4

Andreas Killmann

von Andreas Killmann

Story

Für mich soll das Sabbatjahr eine Unterbrechung des Immer-Gleichen sein. Das bringt mich allerdings in arge Erklärungsnöte.

„Was hast Du denn so vor?“ – „Nichts so richtig“, ist die ehrliche Antwort. Staunende, manchmal mitleidige Gesichter schauen mich an. Der Druck steigt. „Lass das Jahr nicht einfach ungenutzt verstreichen.“ „Verbummele es nicht!“ Ich bin vielleicht kein revolutionär veranlagter Charakter, aber ich frage mich doch manchmal: warum eigentlich nicht?

Ich habe direkt nach Schule und Wehrdienst mein Fachhochschulstudium gemacht, bin danach gleich in den Beruf eingestiegen, fünfzehn Jahre später die Weiterqualifizierung für den höheren Verwaltungsdienst und dann, im zweiten Coronajahr, mein fünfundzwanzigstes Dienstjubiläum. Kein Innehalten, alles ging wie am Schnürchen. Aber manchmal hätte ich gern Zeit gehabt, mich zu orientieren, bevor die wilde Fahrt weitergeht.

Was wäre, wenn mein Sabbatjahr so eine Pause wäre, für In-Mich-Hinein-Hören statt FOMO – „fear of missing out“? Ich habe viele Entscheidungen meines Lebens getroffen, weil die Situation günstig war und gute Ratgeber gute Ratschläge gegeben haben. Ich habe auch viel gemacht, weil es sich so gehört, weil man das so macht. Was ich nicht gemacht habe ist, zu fragen, was mich antreibt. Was mir Freude bereitet, und worin ich wirklich gut bin. Das ist leicht übertrieben, weil ich natürlich schon gerne Dinge tue, die mir Freude machen. Aber richtig Freude? So, dass man nie wieder etwas Anderes machen möchte als nur das? Gibt es das? Eine Berufung? Es macht mir Angst diese Vorstellung, in mich hineinzuhören oder dem Universum zu lauschen: „Was für einen Plan hast Du für mich?“

Die letzten Tage auf der Arbeit sind besonders anstrengend. Das ist schon im Allgemeinem vor dem Urlaub so, aber besonders dieses Mal. Plötzlich tauchen noch einmal alte Projekte auf, an denen etwas zu tun ist. Dazu kommt das Abschiednehmen: Von Kolleginnen und Kollegen und von den Strukturen, in denen ich die letzten 19 Jahre verwurzelt war. Besser werde ich darin, zu merken, wenn ich wieder Objekt der Projektionen anderer werde. Durch das alles begleitet mich meine neue Frage: „Was für einen Plan hast Du für mich?“

Was, wenn das Universum nicht antwortet?

Die viel wichtigere Frage lautet aber, was, wenn es genau das tut.

© Andreas Killmann 2024-04-25

Genres
Reise, Spiritualität
Stimmung
Abenteuerlich, Emotional, Inspirierend