Viele Jahre nach dem ersten Ausflug ist Vati mit mir losgefahren, um die Kirnitzschklamm auf einer Bootspartie zu durchqueren. Bis zum Lichtenhainer Wasserfall nutzten wir die Kirnitzschtalbahn. Das Straßenbahnfahren vertrug ich etwas besser. Am Wasserfall mussten wir eine Weile warten. Den restlichen Weg legten wir per Bus durch ein kurvenreiches Gebiet zurück, welches wir sonst kaum erreichten. In Hinterhermsdorf liefen wir bis zur 3 km entfernten Klamm. Im Bootsstationsgebäude war ein Wirtshaus. Wir standen an, alle Kähne waren unterwegs. Die 20-minütige Fahrt auf der 700 m langen Stauanlage, die vom 16. Jahrhundert bis zum Zweiten Weltkrieg dem Holzflößen auf der Elbe diente, gehört zu den reizvollsten Erlebnissen der Hinteren Sächsischen Schweiz. Wir standen auf der denkmalgeschützten Sperrmauer (in dieser Ausführung von 1931). Beim Ziehen der Schleuse glitt früher Floßholz unter dröhnendem Donner und kreischendem Splittern durch die Wasserpforte und wurde von der hoch aufschäumenden Flut weiter getragen. Vor der Mauer erreicht der Wasserstand eine Tiefe von über 4 m. Die Stauanlage war so eingerichtet, dass sich das Becken innerhalb von 30 bis 45 Minuten entleerte, während zum Wiederaufstauen sechs bis acht Stunden und mehr benötigt wurden. In den Gewässern ist eine Liebesinsel, wo Paare, die dies wünschen, abends abgesetzt und morgens wieder abgeholt werden. Wer keinen Partner hat, bekommt jemand gestellt, erzählte der Bootsführer. Der Kahn schaukelte stellenweise ziemlich. Wir sammelten viele Eindrücke. Felsengebiet und Klamm sind wildromantisch. Steine und Bäume spiegeln sich im Wasser. Mit Schwefelflechte bedeckte Felswände gleichen blühenden Steinen.
Beim Teichstein sind Wege mit Stahlketten gesichert. Das 6 km vom Lichtenhainer Wasserfall entfernte Zeughaus – ehedem Aufbewahrungsort für Jagdgerätschaften des kurfürstlichen Hofes – war zu DDR-Zeiten HO-Waldschenke. In einem Jahr war wegen Straßenbauarbeiten nach dem Wasserfall Schluss mit der Busverbindung nach Sebnitz. Den Weg zu einem anderen Ziel im hinteren Gebiet des Gebirges brachen wir wegen Unpassierbarkeit ab. Es ging direkt an der Kirnitzsch entlang. Wir hangelten uns an großen Wurzeln vorbei, immer mit der Gefahr, abzurutschen und ins Wasser zu fallen. Das ist nichts für mich. Man denke nur, man hätte z. B. wegen eines Knochenbruchs, einen Krankentransport bestellen müssen bei dieser unwegsamen Strecke, kilometerweit von der Straße! Das Handy war noch nicht erfunden. Die Bergwacht hilft in solchen Situationen. Wir kamen mehrfach am von Mai bis September ständig besetzten Bergwachtgebäude in Rathen vorbei. An entlegenen Punkten im Gebirge waren Sanikästen für die Versorgung kleiner Verletzungen. Im MDR-Fernsehen kamen 2022 gedrehte Folgen von Übungen und Einsätzen der Kameraden der Bergwacht in allen möglichen Situationen. Es ist sehr schön, dass es diese engagierten Helfer gibt.
© Annemarie Baumgarten 2024-05-13