Hoch die internationale Solidarität !

Gabriela Obermeir

von Gabriela Obermeir

Story

Eine Abrechnung

Man kann viel sprechen von Menschenrechten und Solidarität, von Gleichstellung und Inklusion. Ja, das kann man. Lange kann man das. Aber irgendwann muss man auch dafür etwas tun. Man kann sich dafür stark machen. Man kann Menschlichkeit zeigen und Verbundenheit leben in dieser Zeit von Krieg und Flucht auf der ganzen Welt. Selbst lebt man seit Jahren in einer Ausnahmesituation am Rande der Gesellschaft. Täglich wird man behindert wegen seiner Behinderung. Gewollt, ungewollt. Man wird behindert, gleichwertig teilzunehmen, an ALLEM rundherum in der Gesellschaft. Man glaubt zu wissen, was es heißt, behindert zu werden, behindert zu sein.

„Der Krieg ist schlimm. Wir haben alles verloren. Aber am schlimmsten ist der Tod.“, sagt der junge Mann aus Syrien und weint bitterlich. Wahrscheinlich weint er viel und oft darüber, denn er weint sogar vor einer Fremden in einem fremden Land. Angstzustände, Depressionen, Trauer. Er ist psychisch krank, behindert. Behindert, weil er schon ein paar Monate diese Zustände hat*. Sie kommen von weit weg über unsere Grenze in dieser Zeit des Krieges in ihrem Land. Sie kommen zu Fuß und sie kommen mit dem Zug. Oftmals ein Kind am Arm und eine Tasche in der Hand. „Was hast du aus deinem Haus mitgenommen, als du fliehen musstest?“ „Eine Plastiktüte mit Reserveunterwäsche für meine elfjährigen Zwillingsmädchen. Es ging alles so schnell. Mein Haus ist zerbombt.“ Das war damals in Bosnien. “Nachbar in Not”. Jetzt 2022 ist es wieder soweit. Millionen Menschen aus der Ukraine flüchten in andere Länder, in EU-Länder.

100.000 Menschen kamen auf den Heldenplatz. Damals am 3. Oktober 2015. Eine Veranstaltung , die Solidarität, Menschlichkeit und Verbundenheit mit diesen Schutz suchenden Menschen zeigen soll. Auch die Behindertenverbände, Organisationen und Institutionen von Menschen mit Behinderungen hätten sich für die vielen Menschen mit Kriegsbehinderungen auf der Bühne stark machen sollen. Hätten sollen, hätten müssen. Aber sie haben es nicht. Sie haben sich lieber mit einer Beschwerde an einen kleinen Verein befasst, der zehn Rollstuhlrampen für Geschäftsleute auf der Mariahilferstraße verlost. Schließlich seien die Rampen wahrscheinlich nicht normgerecht, ist der Grund der Beschwerde, während sie mit ihren Rollstühlen auf der Mariahilferstraße über die Gesichter** rollen und für Menschenrechte kämpfen. Ja, für die eigenen Menschenrechte hebt man die Hand, aber doch nicht für andere! Die sollen sich selbst um ihre Rechte kümmern! Solidarität? Noch nie gehört! Internationale Solidarität? Was ist das?

Fazit: Man distanziert sich aus allen Vereinen.

* Bei einer lang anhaltenden Erkrankung gilt man in Österreich ab sechs Monaten als behindert.

** Damals war die Marianhilferstraße mit Bildern von Menschenköpfen aus der ganzen Welt tapeziert.

manifest7.webnode.at

© Gabriela Obermeir 2022-05-10

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