Manchmal komme ich in einen Raum und kann sofort spüren, ob die Stimmung gut oder schlecht ist. Ich nehme so viel wahr, dass es mich oft überfordert, mit so vielen Menschen in einem Raum zu sein oder generell von ihnen gesehen zu werden. Veränderungen sind für mich so schwierig zu verarbeiten, dass ich mich wochenlang mit ihnen beschäftige und immer wieder zwischendurch traurig werde und mich zurückziehen muss. Emotionen wie Trauer und Wut fühlen sich immer an, als würde ich in ihnen ertrinken.
Wenn ich anderen erzähle, wie ich etwas wahrgenommen habe, folgt oft der Satz »du nimmst das alles einfach viel zu übertrieben wahr«. Und sofort stelle ich infrage, ob ich übertreibe und versuche mir weniger Gedanken zu machen. Ich merke einfach immer wieder, wie anders ich Situationen wahrnehme und wie schnell ich deswegen als kompliziert oder zu verkopft abgestempelt werde.
Irgendwann habe ich angefangen das auch von mir selbst zu glauben, mich dafür zu hassen und immer dieses Gefühl zu haben »anders zu sein als alle andere«. Das Gefühl zu haben, mit meinen Gedanken und Emotionen allein zu sein, ist oft belastend.
Hochsensibilität wird oft als etwas Negatives angesehen. So als wären hochsensible Menschen einfach nur anstrengend, übertrieben, zu nachdenklich und emotional. Und wir verinnerlichen einen Teil der Meinung, die unsere Umgebung von uns hat.
Ja, vielleicht muss man in uns mehr Zeit, Geduld und Kraft investieren, aber würdest du es nicht schön finden, wenn dich manchmal jemand nur ansehen muss und sofort merkt, dass es dir nicht gut geht? Ohne, dass du etwas sagen musst? Einfach, weil die Person dich kennt, spürt, wenn etwas nicht stimmt und vielleicht sogar weiß, wie es sich anfühlt so zu fühlen. Eine Person, der deine Lage nicht egal ist und die noch Tage nach eurem Gespräch darüber nachdenkt, wie man dir helfen könnte.
Ich dachte so lange, dass Hochsensibilität einfach nur ein Fluch ist. Irgendetwas, dass mit mir einfach nicht stimmt. Aber es ist etwas, dass ich nicht ändern kann und worin ich für mich Vorteile sehen muss. Es wird immer Tage geben, an denen ich diese Eigenschaft von mir verteufeln werde, aber sie wird mir hoffentlich auch immer wieder dabei helfen, Menschen besser zu verstehen und eine tiefere Bindung zu Anderen und mir selbst aufzubauen.
Nicht jeder muss verstehen, wieso ich alles so anders empfinde oder warum ich Texte schreibe, die für einige vielleicht »übertrieben« klingen. Aber jeder sollte verstehen, dass das hier ein Teil von mir ist, den man schlecht ändern oder ablegen kann. Ein Teil, der aus mir eine gute, aber vielleicht auch schwierige Person macht. Und einfach ein Teil, den ich selbst mehr akzeptieren sollte.
Es ist nicht schlimm sensibel zu sein, auf Dinge und Situationen anders zu reagieren und sie anders zu empfinden.
Es ist nur schlimm, wenn wir das Gefühl haben, uns dafür schlecht fühlen zu müssen.
© Franziska Hammerschmidt 2023-12-13