von Elfie-F
AL AIN, eine Bilderbuchoase inmitten einer faszinierenden Welt aus windgeformten Mustern im Sand. Im grünen Meer aus Palmen, deren Fächer sich in der leichten Brise wiegen, liegt das Hotel.
Als wir den bezaubernden Garten besichtigen wollen, gruppiert sich dort eine große Anzahl weiß gekleideter Männer an langen Tischen, welche ihr Essen vom Grill serviert bekommen. Ihre Augen richten sich auf uns. Verunsichert geht’s zurück ins Haus. Ah, es handelt sich um eine Hochzeit. Männer essen getrennt von ihren Frauen, erfahren wir. Aber wo sind sie? „Want to see them?“, fragt die Rezeptionistin. „Oh yes, please if that’s possible!“
Sie verschiebt für uns eine Stellwand, die eine Treppe Richtung Keller preisgibt. Lachen vieler Frauenstimmen klingt uns entgegen. Zwei kleine Mädchen in Rüschenkleidchen klettern auf den letzten Stufen und strahlen uns an. Im Saal sitzen an runden Tischen ungezählte, unverschleierte Frauen mit Hochfrisuren, die Augen ausdrucksstark geschminkt, in bunten Gewändern aus Brokat und Spitze mit ihren Kindern. Sie essen mit der Hand aus großen runden Aluminiumpfannen, Couscous mit Fleischstücken. Ihre rot lackierten Fingernägel heben sich ab. Eine der Frauen lädt uns herzlich an einen der Tische ein. Wir lächeln und nicken einander zu. Das Essen scheint bereits zu Ende. Ein goldfarbenes Gestell mit zwei eckigen Glasflaschen macht die Runde von Tisch zu Tisch. Die Damen streichen mit dem Verschluss jeweils über das eine wie das andere Handgelenk und riechen daran. Es sind die Familienparfüms der Brautleute. Dann sind wir an der Reihe. Die Braut wird draußen gerichtet. Als sie in ihrem aufwändigen weißen Kleid mit Tüllschleier zurückkommt, steigt sie auf eine Art Laufsteg. Auf der Bühne dahinter warten hohe, überdimensionale Clubsessel und ein Sofa. Die Braut schreitet darauf zu. Von einer Frau, vielleicht ihrer Tante, wird sie auf dem Sofa platziert. Weitere Frauen kommen, bringen ihr Geschenke, während laut, moderne arabische Musik vom Band läuft.
Plötzlich wird die Gesellschaft unruhig. Die Frauen stülpen ihre vorhandenen „Kohlensäcke“ über. Sogleich sind sie ihrer Schönheit, ja Lebendigkeit beraubt! Die Musik verstummt. Wie vermutet, schreiten nun drei Männer, einer in schwarzem Anzug, die anderen beiden rechts und links von ihm in weißen Kanduras auf die Braut zu. Mein Herz rast. Der Bräutigam wird von Vater und Schwiegervater begleitet. Von beiden erfolgt die Begrüßung der Braut durch eine kühle Handreichung. Der Bräutigam nimmt neben der Braut Platz, die beiden Älteren rechts und links daneben.
Zärtlich hebt er den weißen Schleier aus ihrem Gesicht, küsst sie auf die Stirn. Die Frauen im Saal jubeln.
Etwas später kommt von hinten eine schwarz verschleierte Frau, ihre Mutter?. Sie nimmt ihr den zarten weißen Schleier ab, um diesen durch einen schwarzen zu ersetzten. Schock! Die Zeremonie hat ein jähes Ende. Nun ist sie eine Ehefrau, die sich ihrem Mann unterordnen muss und wird.
© Elfie-F 2020-12-25