Hochzeiten in Italien

Irene Hülsermann

von Irene Hülsermann

Story

Fünfmal war ich bisher in Italien auf eine Hochzeitsfeier eingeladen worden. In Apulien 1980, ich kannte weder das Land noch die Sprache, besuchte ich mit meinem Freund eine Hochzeit mit gefühlt hunderten von Gästen. Die Braut war die Großcousine irgendeiner Großtante, demzufolge um tausend Ecken verwandt mit Marco. In Erinnerung ist mir geblieben, dass wir den ganzen Tag nur gegessen hatten und ich als Unerfahrene immer die Teller leer gemampft hatte, bis sich ein anderer Gast erbarmte und mich aufklärte: „Du darfst nur probieren, auf keinen Fall alles essen, sonst schaffst du es nicht, den Tag zu überstehen.“

Zwei der Einladungen in den neunziger Jahren sagte ich leider aus beruflichen Gründen ab. Die Hochzeit letztes Jahr von meiner in Rom aufgewachsenen, aber gebürtigen afghanischen Freundin und ihrem Ehemann, einem Deutschen mit amerikanischem Vater, sagten wir leider wegen Corona ab. Sie heirateten dann im kleinen Kreis auf dem Capitol. Nur die romantischen Fotos trösten mich darüber hinweg, dass wir nicht teilnehmen konnten.

Die Hochzeit von Mariella und Angelo im Jahr 1988 war für mich etwas Außergewöhnliches: Denn ich war die Trauzeugin! Ich packte meinen acht Monate alten Sohn ein und fuhr mit dem Zug nach Samarate in der Lombardei. Anders als bei uns in Deutschland unterschreiben die Trauzeugen am Altar in der Kirche. Während der ganzen Zeremonie brauchte ich mich nicht um mein Baby zu sorgen. Da Italiener so kinderlieb sind und Federico schon damals so charmant war, kümmerte sich immerzu jemand um ihn. Es gab Zeiten auf der Feier, da suchte ich meinen Sohn. Fand ihn dann schnell im Arm der Oma oder Tante. Gott-sei-Dank fremdelte er nicht.

Nach der Trauung fuhr die komplette Hochzeitsgesellschaft an den Lago di Varese. Während die Gäste am Ufer flanierten, wurden von Angelo und Marinella Fotoaufnahmen in einem Boot angefertigt. Nach einer gefühlten Ewigkeit betraten wir ein Lokal und hier fand das gleiche Spiel statt, wie ich es schon vor ein paar Jahren in Apulien erlebt hatte. Essen, Essen, Essen! Zwischen den kulinarischen Speisefolgen machten wir immer wieder einen Spaziergang, um das opulente Mahl ein bisschen zu verdauen. Während getafelt und getrunken, geredet und gelacht wurde, hörte man immer wieder „Bacio, bacio – Kuss, Kuss!“ Unter großem Getöse mussten sich dann die Brautleute küssen, selbst wenn sie in diesem Augenblick am Essen waren. Aber es ist eben Brauchtum in Italien.

Später wurde, wie in diesem romantischen Land üblich, getanzt. Jeder, egal ob jung oder alt, exzellenter Tänzer oder Anfänger, schwang das Tanzbein. Das Schönste jedoch war, dass ich von allen herzlichst aufgenommen wurde, das Interesse an der Ausländerin war riesig und ich erzählte tausendmal, wie ich Marinella und ihre Freundinnen auf dem Schiff von Griechenland nach Italien kennengelernt hatte.

© Irene Hülsermann 2021-04-18

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