Lang hats gedauert, bis ich verstand, was der Anrufer meinte. Längst hatte ich das Projekt ad acta gelegt. Erst als er vom “casting” redete, fiel der Groschen, völlig überrumpelt, dass das jemand vom Seidl-Film war, der anfragte, ob wir noch Interesse hätten…
Voriges Jahr, es war im Frühsommer, erzählte mir jemand, dass für einen Film Laiendarsteller gesucht würden, und zwar nur Menschen aus dem Wald- und Mühlviertel. Da hatte ich nun einen Link zum Ulrich-Seidl-Film und schickte einfach nur spasshalber ein Foto von mir ein: ich pflücke mit einer Freundin Blumen für unseren Hochzeitstag und strahle vor Vorfreude auf den nächsten Tag. Abgeschickt und sofort vergessen. Einige Wochen später kam ein Anruf, sie wollten zum Casting kommen. Das war schon ein Staunen und Freude darüber, dass meine Foto-Ausstrahlung so gut angekommen war.
Es kamen zwei Regisseure, ein Mann und eine Frau. Wir waren gleich mal per Du, die kleine Kamera wurde am Tisch positioniert und störte mich kein bisschen. Weil wir uns mit den beiden sehr gut unterhielten, vor allem ĂĽber den Film und dieses grausame Thema. Der Titel lautet “Des Teufels Bad”, und es geht um eine junge Frau im 18. Jahrhundert, die sich das Leben nehmen will. Aber eine Selbstmörderin bekommt keinen Trost von der Kirche, darum tötet sie ihr Baby und stellt sich der Polizei. Sie wird zum Tode verurteilt, – das war ja ihr Ziel -, darf zuvor noch beichten und geht erleichtert in ihren Tod. Heftige Geschichte, aber wahr. Und es gab dann einige Frauen, die ihrem Vorbild folgten.
Das Casting war nett, bald kam auch mein Lieb dazu und die beiden luden auch ihn ein, und er tat gerne mit. Wir hatten unser erstes gemeinsames Casting, und das gleich beim Ulrich-Seidl-Team. Beinahe freundschaftlich verabschiedeten wir uns von den beiden. Im Oktober sollte Drehbeginn sein, sie wĂĽrden sich bald einmal melden. Dem war nicht so. Irgendwann im FrĂĽhjahr kam ein kurzer, freundlicher Anruf des Regisseurs. Er sei jetzt nicht mehr in dem Team, wir wĂĽrden von jemand anderem kontaktiert werden. Dann war Funkstille, bis jetzt. Also die Ăśberraschung war riesengross. Und auch mein Lieb war sofort wieder Feuer und Flamme, obwohl das Projekt drei Tage beansprucht und er doch enormen Arbeitsstress hat.
Erstmal müssen wir zur Kostümprobe, Konfektionsgrössen hab ich schon bekannt gegeben. Mein Lieb darf sich nun einige Wochen nimmer rasieren, ich darf mir keine Augenbrauen zupfen, was ich eh nie getan hab. Ende Oktober sind dann unsere zwei Drehtage, wir sind ein Paar in einer Hochzeitsgesellschaft. Essen, Trinken, vielleicht auch Tanzen? Was wurde im 18. Jahrhundert getanzt? Wir haben gestern jedenfalls schon geübt und eine Menge gelacht.
Wir zwei in einem Seidl-Film, ich find das richtig spannend! Ausserdem freu ich mich schon auf die anderen Darsteller. Ist ja doch ein alternatives Filmprojekt, da wirds wohl interessante Menschen geben. Tut uns beiden ganz schön gut, diese Aufregung und Vorfreude!Juchu!
© rebella-maria-biebel 2021-10-07