von EmmiundLeo
Ich denke in letzter Zeit viel an Italien – ertappt – eigentlich denke ich immer an Italien…um die nächste Reise zu planen, kulinarische Köstlichkeiten in die heimische Küche zu holen, italienischer Musik zu lauschen…ich habe Fernweh, die Vorstellung längere Zeit nicht unser geliebtes Italien zu sehen, lässt mich wehmütig werden – meine Gedanken schweifen ab…
Mein Mann und ich verbrachten im Frühsommer einige Tage im Friaul. Schöne italienische Kleinstädte teilen sich die bezaubernde Gegend mit Weinbergen. Das Meer greifbar nahe. Einen Tag fuhren wir nach Triest – waren entzückt von der wunderschönen, gemütlichen Stadt am Meer. Wir besuchten altehrwürdige Cafes, schlenderten zum Castello di Miramare, genoßen den Geruch der Meeresbrise. Am Rückweg wollten wir noch kurz nach Cormons – ein kleiner Ort, der sich dem Weinbau widmet. Eigentlich sollte es nur ein Spaziergang werden und Wein für zu Hause mitnehmen. Der Parkplatz war sehr voll, Straßen gesperrt, Menschen strömten in eine Richtung – was war hier los? Gespannt ließen wir uns mittreiben. Von überall ertönte Musik, Stände waren aufgebaut, Holzpfeile führten Richtung Weinberge. Wir waren gerade rechtzeitig zu einem Fest gekommen. Jung und Alt tummelten sich die Weinberge hinauf, die Gehöfte hatten Ausschank – Leckereien aus der eigenen Produktion und natürlich Wein. So probierten wir uns durch die Köstlichkeiten, ein Gläschen Wein hier, dünn geschnittener San Daniele dort…irgendwann wurde unsere Füsse müde und wir suchten uns ein ruhiges Plätzchen direkt in den Weingärten. Ruhig naja – Gigi D´Agostino plärrte in nicht so ganz einwandfreien Boxen durch die Weinberge. Kinder, Eltern, Großeltern – alle Generationen hüpften tanzend durch die Weinreben – es wurde getrunken, geschlemmt, gelacht – wir mittendrin. Viele schienen sich zu kennen, uns beäugte man interessiert sobald jemand Konversation suchte – non parlare italiano. Mein Mann versuchte es mit Spanisch, was immer ganz gut funktionierte. Wir mussten grinsen, als der Dj „Eins, zwei, Polizei“ zum Besten gab, wir kamen uns um Jahre zurückversetzt vor. Es war ein Abend, der uns noch lange in Erinnerung blieb – er war geprägt voll Lebensfreude, Offenheit.
Viele Jahre davor verbrachten meine Schwester, eine Freundin und ich den Sommer in Tellaro, Ligurien. Beim Ankommen dachten wir uns – puh kleines Kaff, langweilig. Wir hatten uns schon damit abgefunden, dass die Abende hier für uns nicht viel bereithalten würden. Wir saßen gelangweilt auf einer Bank im Dorfzentrum. Wie aus dem Nichts strömten aus den Häusern Menschen, der Platz füllte sich, ein Tisch wurde aufgestellt, Musikanlage darauf platziert, kurze Zeit später wummerte Musik. Das ganze Dorf tanzte, selbst die Großmütter nahmen ihr Jäckchen von den Schultern, tanzten mit. Italienische Lebensfreude und Leichtigkeit – gerade in dieser beunruhigenden Zeit brauchen wir alle ein bisschen italienisches Lebensgefühl im Herzen.
© EmmiundLeo 2020-03-18