von Lisa Farida
Nachdem ich in den kommenden zwei Wochen all meinen Verwandten und engen Freunden von der geplatzten Hochzeit erzĂ€hlt habe, habe ich nun neue LieblingssprĂŒche der Leute sammeln können:
,,Wenigstens bist du nicht schwanger.“
,,Ich wette, der kommt irgendwann nochmal an.“
,,Du bist doch noch so jung. Da hast du noch genug Zeit.“
,,Ich dachte immer, dass wenn dann du Schluss machst.“
,,Ihr saht doch immer so glĂŒcklich zusammen aus.“
Bisher fand ich meine groĂe Verwandtschaft immer toll, aber meine GĂŒte, nach einer Weile fĂŒhlte ich mich, als wĂŒrde ich eine PowerPoint PrĂ€sentation halten, so einstudiert war die ErzĂ€hlung ĂŒber die Trennung bereits. Nachdem ich es der sechsten Person erzĂ€hlt habe, klang meine Stimme so monoton, dass meine Tante glaubte, ich wĂŒrde mir mit ihr einen April-Scherz erlauben. Auf meinen Hinweis hin, dass es aber schon der 4. April war, erwiderte sie nur ein störrisches ,,Trotzdem.“.
Es ist nicht einmal so, dass ich mich nach diesen zwei Wochen schon daran gewöhnt habe, plötzlich ein Leben ohne Ethan zu fĂŒhren. AuĂerdem habe ich mich so auf die Hochzeit gefreut, dass ich mit dem Gedanken spiele, auf den Einladungen Ethans Namen durchzustreichen und alleine vor den Altar zu treten. Immerhin habe ich das letzte halbe Jahr nichts anderes getan, als Preise fĂŒr Einladungskarten zu vergleichen und Hochzeitslocations zu suchen. Mein Instagram-Konto ist momentan eine Sperrzone. Mein kompletter Feed ist voller Anzeigen von Hochzeitsfrisuren, Hochzeitskleidern und Videos von spektakulĂ€ren HochzeitstĂ€nzen. Die Hebefiguren kann ich mir wohl abschminken, wenn ich die Sache mit der Feier alleine durchziehen will. Vielleicht könnte ich ja auch einfach meinen Bruder dazu ĂŒberreden, mit mir einen kleinen Tanz einzustudieren…
Ethan hat die seltsame Angewohnheit entwickelt in unserem Alltag so zu tun, als wĂ€ren wir noch ein Paar. Er will mit mir zusammen einkaufen gehen, will gemeinsam mit mir ins Fitnessstudio fahren und bietet mir stĂ€ndig an, mich in den Arm zu nehmen. Zwischendrin zeigt er mir dann immer wieder die Wohnungen, die er im Internet fĂŒr sich herausgesucht hat. Der hat sie doch nicht mehr alle.
Ich sollte auch nach einer neuen Wohnung suchen. Mir sagen alle, dass die alte mit zu vielen Erinnerungen verbunden ist, dabei habe ich die Zimmer fast völlig alleine eingerichtet. Auch ist die Wohnung ziemlich nah an der Arbeitsstelle, die ich hier gefunden habe. Die Miete könnte ich mir wohl alleine leisten. Das alles schiebe ich aber erst einmal weit nach hinten. Erst will ich es schaffen, einmal ohne TrĂ€nen einzuschlafen, wĂ€hrend ich gebannt Ethans Schnarchen lausche, das vom Sofa im Wohnzimmer aus, hierher ins Schlafzimmer dröhnt. Gott verdammt, wer hĂ€tte gedacht, dass ich plötzlich so emotional beim Laut seines Schnarchens werde. Na gut, emotional schon. Die Monate vorher hat es mich so aufgebracht, dass ich kurz davor war ihn mit einem Kissen zu ersticken. Jetzt liege ich auf den RĂŒcken, meine HĂ€nde vor der Brust gefaltet und spĂŒre, wie mir eine warme TrĂ€ne ĂŒber die SchlĂ€fe rollt.
© Lisa Farida 2023-08-07