Hunger und Lebensmittelverschwendung

Ulrike Puckmayr-Pfeifer

von Ulrike Puckmayr-Pfeifer

Story
Wien, Weiden am See 2017 – 2025

Die Welt ist in einem schlimmen Zustand. Und die Gesellschaft auch. Die Schere zwischen Arm und Reich wird immer größer. Die Obdachlosen immer mehr.

Wenn ich abends durch die Mariahilfer Straße gehe, sehe ich Wohnungslose, eingewickelt in einen Schlafsack und Decken, in den Nischen teurer, luxuriöser Einkaufstempel liegen. Auch bei eisiger Winterkälte. Ich fühle mich traurig und beschämt, weil ich gleich in meine warme Wohnung heimkommen werde. Ich spüre Hilflosigkeit angesichts dieser offensichtlichen Armut, die mir wie eine spitze Nadel in die Seele sticht.

Tagsüber werden sie auch immer mehr, die Ausgegrenzten, die vom kapitalistischen System ausgespuckten, an den Rand gedrängten Menschen, die auf dieser Einkaufsstraße sitzen, manchmal mit einem Hund, um nicht so alleine zu sein, und um Geld bitten, vor sich ein Pappschild aufgestellt, auf dem das Wort HUNGER steht. Manchmal gebe ich ihnen Geld oder etwas zu essen, in dem Wissen, dass meine Gaben nur ein paar Tropfen auf den heißen Stein sind.

Eine Änderung des Systems müsste geschehen. Eine Umverteilung der Reichtümer dieser Welt eine dringende Forderung der Zeit. Viel wird darüber gesprochen und geschrieben, wenig getan. Die klassenlose Gesellschaft eine Utopie, ein Traum von Idealisten, an der Realität tragisch gescheitert. Die Reichen werden immer reicher. Die Gier, eine der sieben Todsünden, scheint in den Menschen tief verankert zu sein, und treibt sie zu unkontrollierter, schamloser Geldvermehrung an, eingebettet in ein Gesellschaftssystem, das ein fruchtbarer Nährboden dafür ist. Die Reichen und Mächtigen, die unter sich bleiben und sich von der breiten Masse selbstherrlich abheben, haben keine Ahnung von der Lebenswirklichkeit ärmerer Bevölkerungsschichten oder wollen keine haben. Wegschauen. Nicht hinsehen. Nicht darüber nachdenken. Sich nicht die gute Laune verderben lassen. Weitergehen. Sich hineinstürzen in die berauschende verführerische Konsumwelt, die Glück und soziales Ansehen verspricht.

Es geht immer um Geld. Geld ist der Stoff, aus dem die Träume sind. Geld – ein Glücksversprechen. Geld – das Tor zur Freiheit, der finanziellen natürlich. Dass der Mensch vieles im Leben mit Geld nicht kaufen kann, ist eine andere Geschichte.

Der Mensch muss essen und trinken, um überleben zu können. Massen von Menschen auf der Welt haben nicht genug zu essen. Hunger – ein nicht gelöstes Problem. Und bei uns, ich rede von Österreich, werden Lebensmittel weggeworfen, vernichtet, dem Feuer übergeben, wenn sie nicht verkauft werden können. So gesehen sind Supermärkte große Umweltsünder und mitverantwortlich für den Hunger in der Welt.

Mein Mann war eine Zeitlang Lebensmittelretter. Er ist mit dem Traktor zu einem Supermarkt gefahren, hat aus den Containern brauchbare Lebensmittel geholt, auf den Anhänger geladen und sie dann im Dorf verteilt. Ein Tropfen auf den heißen Stein.

© Ulrike Puckmayr-Pfeifer 2025-03-03

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