Durch GLORIA-Film hatte ich Kontakte zu höchsten Filmkreisen in N.Y., Chefetage United Artists, seit 1919, Mary Pickford, Charlie Chaplin, Douglas Fairbanks. Als ich in München kündigte, wollte ich meinen Teenie-Traum erfüllen. Mit „hochkarätigen“ Adressen hob ich ab.
Ein Zimmer in einem „up-town“ „Y“ war reserviert, der Pressechef von UA spendierte ein Dinner. Dann wollte ich auf eigenen Füssen die Stadt erobern. Das erste Wochenende war grauenvoll, Müllstreik, Polizeisirenen Tag und Nacht, Raub auf offener Straße. Montag ging ich zur PAN AM, wollte den Rückflug vorverlegen. Ich hätte voll bezahlen müssen und weinte, als ich wieder hinaus trat ins grausliche Manhattan. Klein beigeben: No way!
Fing an Arbeit zu suchen. Die Füße waren da schon voll Blasen, ich war durchgeschwitzt, enttäuscht. Begann sofort, mich mit Süßigkeiten vollzustopfen. Einziger Lichtblick: Café „Oscar’s“ am Hintereingang des Waldorf Astoria. Da trafen sich die Emigranten beim „best coffee in town“ zu moderaten Preisen.
Ich traf Geenie aus Buenos Aires. Nach drei Wochen hatte ich so viel zugenommen, dass sie mir eine ihrer Hosen schenkte, in der ich die restliche Zeit verbrachte. Arbeit fand ich keine, zu den hochkarätigen Adressen traute ich mich nicht mehr.
Vom „Y“, das mir zu teuer wurde, zog ich mit einer Philippinin namens Flor, die auch sparen musste, in ein DoZi eines schäbigen aber zentral gelegenen Hotels. Unweit davon soll Greta Garbo unerkannt ihr Dasein gefristet haben.
Flor war unglaublich klein. Ich bin 164 und sie lag, trotz High Heels, weit unter mir. Als wir eincheckten mit Riesenkoffern, war das sehr komisch. Sie reichte kaum bis zum Desk, nannte ihren Namen und sagte mit weit ausgefahrenem Zeigefinger, den ich heute noch vor mir sehe: Flor, with ONE o!!
Ins Zimmer kamen wir gleichzeitig nicht hinein, entweder die Koffer oder wir. Flor war die vorausgeschickte Ehefrau eines dissidenten Schriftstellers, der um sein Leben fürchtete und mit den Kindern nachkommen sollte, sobald die Lage gecheckt war. Sie fand bald eine Stelle als Sekretärin, musste sich total verstellen, sie war Unternehmerin und hatte in Manila eine Textilfabrik mit 200 Leuten. Dann war Flor weg und das Zimmer wieder zu teuer.
Ich fand eine noch günstigere Unterkunft, Upper West Top-Lage, Nähe Dakota Building, wo John Lennon wohnte und 3 Jahre später starb. Das Gebäude gehörte einem Verein deutscher Kriegerwitwen. Spartanisch eingerichtet, 2 USD pro Nacht. Dennoch kam es so weit, dass ich an einem Samstag mein mir selbst verordnetes Tageslimit von 10.- Dollar überschritten hatte und für Sonntag kein einziger Cent blieb. Schlimm, denn ich war bereits Süßigkeiten-süchtig und im Hirn kreisten nur zwei Worte „Marsh & Mallows!!!
Sonntag gegen Mittag wollte ich in den Central Park. Da sprach mich im Foyer eine alte Dame an, fragte, ob sie mich zum Lunch einladen dürfe. Wie ein alter Engel stand sie da vor mir. Nach dem Essen war sie wieder weg. Nie wieder gesehen…
© 2019-12-18