I will wieda ham!

michael_london

von michael_london

Story

Ich gebe zu, ich war jung, StudentIN und brauchte das Geld.

Naja, wirklich gebraucht habe ich es nicht, aber als damals meine Mitbewohnerin in der Studenten-WG beschwingt in mein Zimmer kam und mich fragte, ob ich mit ihr für einen Monat in der Schweiz im Gastgewerbe aushelfen wollte, war ich sofort Feuer und Flamme für die Idee.

Also fackelten wir nicht lange herum und bewarben uns beide über eine entsprechende Internetplattform. Eigentlich hatte ich nicht erwartet, tatsächlich genommen zu werden, schließlich hatte ich noch nie zuvor im Gastgewerbe gearbeitet, ich sprach nur Italienisch (und kein Wort Französisch, wie es oft in der Schweiz gebraucht wird) und überhaupt kannte ich die Schweiz bis dahin nur von Bildern, Filmen und Erzählungen.

Abenteuerlustig, und zugegebenermaßen ein wenig blauäugig, wie ich damals war, redete ich mir ein, dass ich das alles schon irgendwie hinbekommen würde. Als dann die Zusage kam, konnte mich nichts davon abhalten, in die Schweiz zu fahren, nicht einmal die Tatsache, dass meine Mitbewohnerin abgesprungen war (die obligatorischen zwei Monate waren ihr zu lang), und ich somit meine Reise ins Ungewisse alleine antreten musste.

Voller Tatendrang packte ich also meine sieben Zwetschgen, setzte mich in den Zug, und tuckerte damit immer höher die Berge hinauf bis ich endlich am Ziel, in Gstaad, dem angeblich reichsten Flecken auf der Welt (das lernte ich auch erst vor Ort) völlig verschwitzt ankam.

Und die ersten zwei Wochen, die ich dort in diesem noblen Hotel arbeiten durfte, verliefen sehr gut.

Nein, natürlich nicht. Sonst wäre das ja eine ziemlich fade Story. Die ersten zwei Wochen waren ein komplettes Desaster!

Alleine der Schweizer Dialekt war für mich eine große Herausforderung. Als ich bei einem Gast vernahm, er habe einen Softdrink – nämlich “Fanta” bestellt schwante mir bereits, dass er höchstwahrscheinlich kein orangefarbenes Getränk wollte (habe ich schon erwähnt, dass ich mich mit alkoholischen Getränken auch nicht gut auskannte?).

Und als mir die Chefin des Hauses wie einer geistig Minderbemittelten erklärte, wie ich die Stoffservietten falten musste, war mein Stolz zu tiefst verletzt.

Für die Draufgabe sorgte meine Schweizer Kollegin Rosi, die mir unverblümt und wortwörtlich mitteilte: “Ihr Österreicher seid für uns wie die Jugos bei euch in Österreich.” Aha.

An diesem Abend ging ich nach meiner Schicht todtraurig in mein Dachgeschoßzimmer und dann – das fällt mir echt schwer zu schreiben, und ich verrate es nur euch – dann fing ich an zu heulen! Mir wurde alles zu viel, worauf hatte ich mich da nur eingelassen?

Plötzlich hörte ich durch das gekippte Fenster, mitten in dem kleinen Kaff, in dem ich war, eine mir wohl bekannte Melodie. Mein Steirerherz schlug schneller, als meine Ohren die ersten Takte von STS – “Fürstenfeld” vernahmen. Das konnte doch echt nicht sein, das passte perfekt!

“I will wieda ham” summte ich mit. Von da an wusste ich, dass alles gut werden würde.

© michael_london 2022-10-09

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