Ich bin Ich

SMK

von SMK

Story

Ich verstand schon als kleines Kind nicht, warum alles immer getrennt wurde. Das sind T-Shirts fĂŒr Jungs und die hier sind fĂŒr MĂ€dchen. MĂ€dchen dĂŒrfen sich schminken, Jungs nicht. Jungs spielen Fußball, MĂ€dchen turnen 50 Meter weiter am Reck. MĂ€dchen dĂŒrfen weinen, Jungs nicht. Wieso hat alles Erdenkliche mit Geschlecht zu tun? Warum kann man nicht einfach sein, ohne alles in eine einzige Schublade zu stecken?

Jahrelang musste ich mich nicht zuordnen, denn geturnt wurde in der Volksschule zusammen und Gewand suchte meine Mutter fĂŒr mich aus. Doch dann kamen die Tage, an denen wir getrennt wurden. MĂ€dchen und Jungs, nicht lĂ€nger einfach Kinder. MĂ€dchen und Jungs trugen andere Sachen. MĂ€dchen und Jungs sollten sich anders verhalten. MĂ€dchen und Jungs turnen getrennt. Bei den MĂ€dchen fĂŒhlte ich mich unwohl, doch bei den Jungs auch. Kleider und Röcke waren nie mein Fall, doch einen Anzug wollte ich auch nicht tragen. Kurze Haare wollte ich nicht, doch zu lang durften sie auch nicht sein. Schminken wollte ich mich nicht, doch burschikos aussehen war auch nicht das Richtige. Als ich zu keiner Lösung kam, akzeptierte ich einfach, dass ich mich auf die MĂ€dchenseite stellte, wenn es verlangt wurde und dass ich trug und tat, was andere wollten.

Richtig fĂŒhlte sich das alles nie an. Egal um was es ging, es gab immer zwei Seiten. MĂ€dchen und Jungs. Links und Rechts. Richtig und falsch. Doch was ist dazwischen? Was ist zwischen richtig und falsch, was zwischen MĂ€dchen und Jungen? Je Ă€lter ich wurde, desto mehr beschĂ€ftigte ich mich mit dem Thema. Denn es gab etwas dazwischen. Ich realisierte, dass ich keine Seite wĂ€hlen musste, wenn ich nicht wollte. Es gibt weit mehr als Links und Rechts, in der Mitte lagen Menschen. Menschen wie ich. Menschen, die keine der beiden Seite wĂ€hlen wollten. Menschen, die sich als mehr sahen. Menschen, die nicht in eine der vorgegebenen Schubladen passen wollten. Und erstmalig, fĂŒhlte es sich gut an. Gut, dass es dieses Etwas gibt. Gut, nicht zu wĂ€hlen, sondern in gewisserweise einfach dazwischenzuliegen. Gut, in dem Weltall voller etwas, das weder mĂ€nnlich noch weiblich ist, einfach so dahin zu schweben.

Ich bin ich, kann einfach existieren, als Person auf dieser wunderbaren Erde.

© SMK 2021-06-10

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