„Ich bin umweltbewusst,

Anne_Ladgam

von Anne_Ladgam

Story

ich brauche keinen FĂŒhrerschein!“Als ich das Diplom in der Tasche hatte, zwang ich mich doch zur Kursanmeldung. Ich war 23 Jahre alt und plante, in 14 Tagen meine Lenkerberechtigung in der Tasche zu haben: Vormittags war die Theorie und am Nachmittag die Praxis. Wenn ich rĂŒckwĂ€rts ausparken musste, hatte ich einen Knoten im Hirn. Nun erkannte ich, dass auch die Angst, einen Fahrfehler zu machen, ein Faktor war, warum ich so lange keinen FĂŒhrerschein machen wollte. Bei der PrĂŒfung bemĂŒhte ich mich sehr – ich vergaß nicht aufs Anschnallen, was damals noch öfters ein Grund war, bei der PrĂŒfung durchzufallen. Doch meine Art, die Gangschaltung zu betĂ€tigen, irritierte den PrĂŒfer. In breitem Tirolerisch schimpfte er: “Dees isch decht kchoa Kchochtopf! Die oane riahrt da wild umanand!” Ich ahnte Schlimmes. Doch ich bestand. Kurze Zeit spĂ€ter hatte ich das GlĂŒck, Zimbabwe zu bereisen. So wenige Autos waren dort unterwegs! Es ging nur geradeaus, es gab fast keinen Gegenverkehr. Diese Straßen und die Weite beeindruckten mich, das FahrgefĂŒhl beim Mitfahren war wunderbar. Die Mitte der Straße war asphaltiert, bei Gegenverkehr wichen beide Autos mit der HĂ€lfte des Fahrgestells auf die Staubstraße aus. Meistens aber fuhren wir am Asphalt. „Magst Du einmal ans Steuer?“, fragte mein Bruder. Ich ergriff die Chance. Aus Höflichkeit setzte er sich auf die LadeflĂ€che des voll besetzten Toyota Pickups. Elf Personen nutzten die Chance, einen Ausflug zu machen, um Klopapier und Kraut zu kaufen. Kinder, Lehrer und Nachbarinnen, MĂŒtter, die wĂ€hrend der Fahrt stillten, alle freuten sich auf die Gelegenheit, bequem in das 162km entfernte Harare zu kommen! Die Busreisen waren sehr unbequem, es gab wenig Federung. Wenn der Bus in ein Schlagloch fuhr, musste man aufpassen, dass der Kopf nicht an die Busdecke prallte und so mancher Fahrgast verrichtete seine Notdurft in eine leere Colaflasche: “Sorry, I am under pressure!“Besonders bekannt unter den Bussen war der „Chawasarira“ – wenn dieser Bus auftauchte, kam es oft zu gefĂ€hrlichen Wettfahrten zwischen den Bussen. Wir fuhren lange ohne Gegenverkehr. Irgendwann tauchte vor uns am Horizont ein Bus auf, ich kam ungewollt nĂ€her und nĂ€her und fuhr bald direkt hinter ihm. Der Fahrer winkte rechts aus dem Fenster, ich solle ĂŒberholen, deshalb setzte ich an. Plötzlich fuchtelte er stressig – ich verstand, blieb hinten – denn es gab Gegenverkehr. Gleich darauf schaltete ich und gab Vollgas, um den Bus zu ĂŒberholen. Es dauerte eine Weile bis ich schneller war als er. Ohne in den RĂŒckspiegel zu blicken, verließ ich die Überholspur unmittelbar nach dem Überholen. Ich war froh, dass ich wieder freie Fahrt hatte. Als wir eine WC-Pause einlegten, stieg mein Bruderkreidebleich von der LadeflĂ€che. “Anne! Du hast Dich einen halben Meter vor dem Bus wieder eingeordnet. Ich.habe.Blut. geschwitzt!“Gott sei gedankt, dass alle mein Überholmanöver dieses Busses ĂŒberlebt hatten. Es war der Chawasarira!

© Anne_Ladgam 2022-01-21

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