Ich brauche Geld!

Ich war heute mal wieder wütend, dass ich ihn aggressiv aus meinem Zimmer verwies. Ich verabscheue Verlogenheit, Heuchelei und den Glauben ans Geld und Zertifikate. Das System besteht auch durch seine Verinnerlichung und den Glauben daran!

Der Mitbewohner hatte Holz Paletten auf seinem Balkon gehabt, noch vom vergangenen Mieter, die ich mit ihm von dort in den Garten bugsiert hatte. Mit einer Wäscheleine hatte ich sie hinunter gelassen, wo der Mitbewohner sie entgegengenommen hatte. 7 Stück. Ich hatte auch Arbeitshandschuhe bereitgestellt.

Nachdem die Entfernung der Paletten vom Balkon abgeschlossen war, und sie alle sorgfältig übereinander in einer geschützten Ecke auf der Terrasse verräumt waren, kam die Idee auf, sie doch auf eBay-Kleinanzeigen reinzutun. Ich machte Fotos und schrieb eine Beschreibung. 5€ VB. Denn schließlich ginge es doch einfach darum, dass die Teile fort sind. Und über die Freude der anderen. Doch knapp eine Stunde vor ihrer Abholung, ein Interessent hatte sich für den Folgetag gemeldet, hieß es plötzlich, 5€ für alle 7 wären viel zu wenig. Der Mitbewohner sei doch arm. Er brauche dringend Geld. Der Gedanke der Selbstbereicherung, anderen möglichst viel Geld für sich abzunehmen, ist mir zuwider. Und dann auch noch für durchnässte Paletten, wovon kein Verkaufspreis festgesetzt worden war und es doch eigentlich nur um ihre Entfernung gegangen war.

Verliert man denn etwas, wenn man etwa verschenkt? Ich habe schon oft geschenkt, ohne etwas zurück zu erwarten. Ich freue mich über die Freude anderer. In “Also sprach Zarathustra” von Friedrich Nietzsche heißt es zum Geben und Nehmen sogar, dass der Gebende zu danken hat und nicht der Nehmende. Das macht auch Sinn, war für mich allerdings so zunächst eine Neuigkeit.Denn was nützt ein Angebot, auch wenn es kostenlos ist, wenn keine Nachfrage da ist? Wem nützt ein Buch, das keiner versteht? Zu manchen literarischen Werken heißt es, sie wären ihrer Zeit voraus gewesen, dass das Drumherum noch nicht bereit war, die Texte verstehen zu können. Ich denke an den “hermeneutischen Zirkel” und auch an das Entwicklungsmodell von Piaget, dass man einen speziellen Erfahrungs- und Entwicklungsprozess abgeschlossen haben muss, spezielle Erfahrungen gemacht haben muss, um eine Sache verstehen, also sie in ein Sinngefüge einordnen zu können. Zuerst noch fand ich es abartig, wie man so eine Gelegenheit ausnutzen kann, um möglichst viel Geld für sich zu machen. Auf der anderen Seite grenzt es an Komik, wenn man die Argumentation überdenkt. Denn wäre wirklich Geld nötig, auf lange Sicht, wäre vielleicht eine Bemühung um einen Job sinnvoller. Wenn es nicht um die Tätigkeit oder das Betriebsklima ginge, sondern wirklich nur um das Geld und seinen Wert. So wirkt es eher wie ein in Angst versetzter Bürger, der kopflos entscheidet. Oder der einfach nur eine Situation oder ein Problem falsch beurteilt, weil sein Urteilsvermögen ausgesetzt wurde.