Ich glaube an Schicksal

Die letzten Kisten werden ins Auto verladen und die Tür fällt ins Schloss. Da stehe ich nun und meine Seele hat genauso viele Risse wie die Tapete meiner alten Wohnung.

Jetzt gibt es kein Zurück mehr, ein neues Leben beginnt. Vielleicht hätte ich schon vor vielen Jahren von hier weggehen sollen. Ich habe einen neuen Job gefunden, dazu fast zeitgleich eine passende Wohnung – in einer anderen Stadt – und werde das Gefühl nicht los, dass genau jetzt der richtige Zeitpunkt dafür ist. Soll ich euch ein Geheimnis verraten? Ich glaube an das Schicksal und bin davon überzeugt, dass alles genau so passiert, wie und wann es passieren soll. Schon oft habe ich mein Leben hinterfragt. Warum bin ich nach der Ausbildung ausgerechnet hier gelandet? Weshalb habe ich nicht schon viel früher alles hinter mir gelassen? Nun ja, wenn ich es getan hätte, hätte ich wahrscheinlich viele schöne Erlebnisse verpasst, die supertolle Stelle bei der coolen Firma wäre damals nicht frei gewesen, meinen Partner hätte ich hier nie getroffen. Die unzähligen Horror-Dates, toxischen Beziehungen und schlecht bezahlten Arbeitsplätze waren auch für etwas gut – nämlich dafür, dass jetzt alles genauso ist, wie es sein soll.

Doch was ist dieses Schicksal überhaupt? Ein gottgleiches Wesen, das über uns alle erhaben ist? Vermutlich nicht. Aliens, die Spaß daran haben, uns Menschen zu beobachten und scheitern zu sehen? Wohl kaum. Vielleicht eine hoch entwickelte Säugetierspezies, die uns alle knechten und unterwerfen möchte, sobald wir es geschafft haben, unsere Erde vollständig zu zerstören? Möglich wär’s und man könnte es ihnen nicht einmal übel nehmen.

Während ich meine Habseligkeiten in die neue Wohnung trage, frage ich mich, ob und in welchem Umfang man sein eigenes Schicksal tatsächlich beeinflussen kann. Selbstverständlich bin ich davon überzeugt, dass niemand etwas tun muss, was er nicht möchte und dass unsere Entscheidungen immer Konsequenzen haben – auch für andere. Der Gedanke daran, mein Leben nicht vollkommen frei und selbstbestimmt leben zu können, jagt mir einen eiskalten Schauer über den Rücken. Natürlich liegt es in meiner Hand. Aber wenn ich an die vergangenen Jahre zurückdenke, kam immer irgendetwas dazwischen, das mich an einer bestimmten Handlung hat zweifeln lassen oder eine endgültige Entscheidung verhinderte – bis dann schlagartig alles wie von selbst kam.

Ich muss kurz innehalten, denn plötzlich fallen mir unendlich viele schreckliche Schicksalsschläge ein, die ganz wunderbare Menschen aus meinem Umfeld erleiden mussten. Das kann doch so nicht geplant oder richtig gewesen sein! Nun, wer weiß das schon. Auch ich habe mich in den schlimmsten Stunden meines Lebens selbst am besten kennengelernt. Auch jetzt bin ich noch davon überzeugt, dass alles Schlechte für etwas gut gewesen ist.

Heute werde ich vermutlich keine Antwort mehr auf diese Frage finden. Vielleicht schaue ich mir nochmal „Planet der Affen“ an – als Inspiration.