von Markus Neumeyer
Seit fünf Tagen bin ich nun in selbstgewählter Quarantäne. Wie das klingt: „selbstgewählte Quarantäne“. Als wäre das schon eine Krankheit, die einen überfällt ohne vorher anzurufen. Aber nein. Zuhause einkasernieren soll uns und andere schützen. Selbstgewählte Solidarität wäre also die bessere Wahl. Klingt immerhin so, als würde man gerade etwas Gutes tun.
Dennoch bin ich zufrieden. Als Schreiberling und Mann der gerne mit starrendem Blick vor dem Bildschirm sitzt, um möglichst sinnvolle Buchstabenkombinationen in die Tasten zu hämmern, habe ich ohnehin wenig Sozialkontakte. Außerdem wohne ich seit ein paar Jahren im Südburgenland und habe noch nicht die Kraft gefunden mich einwandfrei zu integrieren. Und überhaupt: Integration bedeutet ja nicht, seine Persönlichkeit und die eigenen Wurzeln aufzugeben, um so zu werden wie alle anderen. Davor graut mir. Ich bin wohl von Natur aus eher der Quarantäne-Typ.
Seit fünf Tagen bin ich nun daheim. Am Hügel, der gern ein Berg wäre, in der Nähe der Metropole Jennersdorf. Es ist alles ein bisschen wie in einem schlechten Film. Gestern habe ich im Haus ein Zimmer entdeckt, in dem ich noch nie war. Ich habe auch bereits eine Coronahäuslpapierheimstatistik geschrieben. Als Familie mit zwei Kindern und zwei Hunden brauchen wir ca. 1 Rolle pro Tag, sprich 10 Tage für eine Großpackung.
Vorgestern habe ich mich mit meiner Handykamera auf die Lauer gelegt. In der Nacht. Ich wollte unbedingt die Dunkelziffer fotografieren. Nach drei Stamperln Desinfektionsmittel ist es mir gelungen. Schwarze Ziffer auf schwarzem Hintergrund. Immerhin. In Quarantäne werde ich kreativ, was meine Frau besonders freut.
Das Virus hält das gesellschaftliche Leben übrigens auch im Südburgenland in Geiselhaft. Die bedeutendsten Megaevents wurden abgesagt:
o) Das Hendlschnapsen der Feuerwehr
o) Das Seniorenschnapsen der SPÖ
o) Das Bachblütenschnapsen der Grünen
o) Das Sauschädlschnapsen der ÖVP
o) Sowie der lustige Liederbuchabend der FPÖ (nur für hiesige Burschen)
Mich lässt das kalt, ich wäre sowieso nicht hingegangen, aber viele Menschen leiden hier unter der sozialen Isolation und den geschlossenen Buschenschanken. Uhudler schmeckt in Gesellschaft immer noch am besten!
Ich mach mir also allerlei Gedanken. Ich frage mich, ob an den Verschwörungstheorien etwas dran ist. Ich überlege, wie viel CO2 durch die weltweiten Einschränkungen wohl eingespart wird und ob der Regenwald in Australien noch brennt. Und ich denke darüber nach, wie viele Tage vorgeschriebene Isolation eine liberale Demokratie so vertragen kann. Dann wird mir das wieder zu ernst und ich tüftle am nächsten dummen Witz, den ich auf Facebook oder Twitter posten kann. Zum Bespiel:
Berühmte Filmzitate. Heute: „Husten! Wir haben ein Problem.“
Naja…
Ich lasse vielleicht mich, aber sicher nicht meinen Schalk in Geiselhaft nehmen. Denn eins weiß ich fix: Die Vernunft stirbt sicher nicht zuletzt. Es ist der Humor!
© Markus Neumeyer 2020-03-19