von Ulrima
Ich liebe dich nicht mehr.
Dieser Satz. Ja so ein Satz brennt sich ins Gehirn ein, den vergisst man niemals mehr. Aber viel schlimmer noch ist dieser Krater im Herzen, den so ein Satz hinterlässt, wenn er wie ein Meteorit erstmal dort einschlagen hat. Diese Fassungslosigkeit, die einen trifft und niederreißt wie eine Lawine unter der man jetzt begraben liegt und höchstwahrscheinlich sterben wird. Ja so fühlt sich das an, vor allem wenn man noch ein junger Mensch ist, keine Ahnung vom Leben und der Liebe hat, aber es gewagt hat, sein Herz das allererste Mal zu verschenken.
„Was heißt, du liebst mich nicht mehr?“, sage ich und sitze am Beifahrersitz, im Kofferraum liegt meine Reisetasche für den bevorstehenden gemeinsamen Urlaub.
„Ich habe keine Gefühle mehr für dich, ich möchte mich trennen.“
Das mit dem gemeinsamen Urlaub wird wohl nichts, denke ich noch viel zu zuversichtlich. Tausend Fragen schießen in meinen Kopf, keine einzige wird gestellt. Wenn man ihn, diesen grausigen Satz, gesagt bekommt, dann ist jede Antwort, jede Frage, ja alles andere egal. Mehr muss man nicht hören, wissen oder gesagt bekommen. Das wusste auch mein damaliges Teenager-Ich bereits.
„Bring mich bitte nachhause.“ Mich und meine Reisetasche, mich und mein gebrochenes Herz, mich und meine Stimme, die dir gerade die schlimmsten Wörter an den Kopf werfen will, mich und mein Selbstbewusstsein, das wohl auf immer und ewig einen Knacks von dir und diesem einen Satz davon tragen wird. Mich und meine Zukunftsvision von einem gemeinsamen Leben mit dir, mich und meine Übelkeit der ich allzu gerne, hier auf deinem Autositz nachgeben würde. Mich und meine Tränen, die ich nicht mehr allzu lange zurück halten kann.
„Was ist mit deinen Sachen, die noch bei mir sind, bitte hole sie dir gleich.“
„Kannst du sie mir bitte hinunter bringen, ich denke es ist keine gute Idee, wenn ich jetzt mit hinauf komme.“
Mutig genug für diesen Satz, aber zu feige um den Eltern, dessen Tochter man gerade das Herz gebrochen hat gegenüber zu treten. Vielleicht auch zu feige für die Liebe, zu feige um zu kämpfen, zu feige um auch bei sich selbst nach Fehlern zu suchen.
„Kein Problem.“, sage ich und knalle die Autotür zu, nehme meine viel zu schwere Tasche aus dem Kofferraum und gehe ohne mich nochmals umzudrehen. Der Weg mit dem Aufzug in den vierten Stock fühlt sich unendlich an. Ich stürme in die Wohnung, vorbei an meiner verdutzten Mutter. „Was ist denn mit dir los? Was machst du überhaupt hier, solltet ihr nicht schon auf dem Weg in den Urlaub sein?“
„Er liebt mich nicht mehr!!!“, schreie ich, während ich verschiedene Kleidungsstücke und persönliche Dinge zusammensuche um sie dann Einen nach dem Anderen aus dem Fenster im 4. Stock zu schmeißen.
Ich dachte wirklich ich überlebe es nicht. Die gute Nachricht ist: Ich habe es überlebt. Ich habe in die Arme meiner Mama geschluchzt, meine Reisetasche ausgepackt und überlebt. Aber dieser Satz, den vergisst man nie.
Photo by Karim Manjra @unsplash
© Ulrima 2020-08-20